SPD verliert Sozis

Missmut an der Basis. Treue Mitglieder kehren der Partei wegen der geplanten Sozialreformen den Rücken. Grüne Kritiker formieren sich

BERLIN dpa/taz ■ In der SPD steigt der Missmut an der Basis. So beklagte die hessische Parteichefin Andrea Ypsilanti gestern, dass viele der treuesten und aktivsten Mitglieder davonliefen, weil sie die Sozialreformen Schröders nicht akzeptierten. 600 hessische Genossen traten im letzten Vierteljahr aus. Besonders umstritten sind die Kürzungen bei den Arbeitslosen, die private Finanzierung des Krankengelds und die Lockerung des Kündigungsschutzes. Auch Saarlands SPD-Chef Heiko Maas stellte fest: „Wir verlieren viele langjährige Mitglieder. Sie empfinden diese Politik als ungerecht.“

Die SPD Hamburg scheute sich am Wochenende nicht, mit knapper Mehrheit einen Sonderparteitag zu fordern. Damit brachte sie ihrem Landeschef Olaf Scholz eine herbe Niederlage bei – ist er doch gleichzeitig SPD-Generalsekretär und damit beauftragt, Schröders Reformkurs parteiintern durchzusetzen. Gestern bemühte sich Scholz, das Ereignis herunterzuspielen: Der Hamburger Parteitag habe nur „nebenbei“ und „unter Zeitnot“ über die Sozialreformen und einen Sonderparteitag diskutiert. Eigentlich habe man zwei Tage lang einen Kurswechsel bei der Inneren Sicherheit debattiert und vollzogen.

Die grüne Basis hat inzwischen begonnen, ihren Sonderparteitag zu organisieren, der voraussichtlich am 14. Juni stattfindet. Um eine gemeinsame Strategie gegen die Sozialreformen zu erarbeiten, wollen sich die Kritiker vorab am 3. Mai in Münster treffen – die Initiatoren hoffen, dass möglichst alle 474 Kreisverbände Vertreter schicken.

In der vergangenen Woche hatte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, angedeutet, dass die Entscheidungen im Bundestag schon gefallen sein könnten, noch bevor der Sonderparteitag stattfindet. Diese Aussage wurde gestern von Grünen-Chef Reinhard Bütikofer korrigiert: Die Basis werde „nicht nur an der Meinungsbildung, sondern auch in ihrer ganzen Breite an der Entscheidung beteiligt“. U.H.

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