Nachbehandelt
: „Gesetz des Marktes“ trifft Kleinwüchsige

Streit über Wachstumhormone

„Es ist klar, dass die Behandlung mit Wachstumshormonen keine kosmetische, sondern eine ganzheitliche Heilbehandlung ist“, entgegnete Doris Michel, die Vorsitzende des Bundesverbandes der Kleinwüchsigen Menschen und ihrer Familien (BKMF) gestern auf die Vorwürfe der Handelskrankenkasse (hkk). Die hatte ausgerechnet, dass in Bremen Wachstumshormone fast fünfmal häufiger verschrieben werden als im Bundesdurchschnitt.

Für Aufregung hatte im Februar eine Presseerklärung der hkk unter dem Titel „Bremen – Stadt der Zwerge“ gesorgt, die mit einem Foto von Gartenzwergen versehen war (die taz berichtete). Die hkk wies darin auf enorme Profite der Pharmakonzerne durch höhe Preise der Hormone hin – und auf deren umstrittenen Nutzen.

Obwohl der BKMF die Entschuldigung der hkk für den Gebrauch des Wortes „Zwerg“ akzeptiert hatte, entflammte der Streit gestern bei einer Pressekonferenz des BKMF erneut. Professor Michael Ranke von der Universitätskinderklinik Tübingen wies darauf hin, dass die höhen „Bremer Zahlen“ auch „niedersächsische Zahlen sind“. Denn: „Die Behandlung mit Wachstumhormonen wird in Deutschland von einer kleinen Zahl von Spezialisten behandelt. Zu mir kommen Patienten aus dem gesamten Bundesgebiet“, so Ranke. Derzeit gebe es „keine preiswerte Alternative zu der sehr sicheren und anerkannten Behandlung mit den Wachstumhormonen“, zog der Experte Bilanz.

Für die pharmazeutische Expertin der hkk, Beate Jungmann-Klaar, erklärt das nicht den Bremer Hormon-Behandlungsrekord. „Hamburg und Berlin sind auch Flächenstaaten – da gibt es solche Probleme nicht“, wandte Jungmann-Klaar ein.

Auch massive Spätschaden für die Patienten und in der Folge noch mehr Kosten werden von der Krankenkasse befürchtet. Der BKMF warnt dagegen vor einer pauschalen Verurteilung der Hormone und sieht den Missbrauch vor allem im Sportbereich.

Eine Behandlung für ein Kind kostet rund 15.000 Euro, für einen Erwachsenen 8.000 Euro pro Jahr. Die höheren Kosten erklärten sich, so Professor Ranke, „mit den Gesetzen des Marktes“. Ewgeniy Kasakow