Teure Hektik bei der Straßenbahn in Mitte

Tram-Strecke zwischen Hackeschem Markt und Alex ist vier Jahre alt – aber schon hinüber. Das kostet nun 180.000 Euro

Ein Nachmittag am Hackeschen Markt. Eine junge Frau mit grünem Schal steigt aus der S-Bahn, eilt absätzeklappernd die Treppe hinunter, wendet sich nach rechts und bleibt nach wenigen Schritten abrupt stehen. Wo noch bis letzten Freitag die Tram in Richtung Alex vorbeizuckelte, ist nun Endstation. Das Gleisbett ist aufgerissen, die Schienen sind unterbrochen. Eine Tafel der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) informiert: Hier wird gebaut. Zwei Wochen lang werden die Gleisarbeiten dauern. Die sechs Tram-Linien werden so lange umgeleitet, ein Ersatzverkehr ist eingerichtet worden. Im Prinzip nichts Ungewöhnliches. Bei einem 370 Kilometer langen Schienen-Netz muss immer irgendwo ausgebessert werden. Doch die Strecke zwischen Hackeschem Markt und Alexander Platz ist gerade einmal vier Jahre alt und schon hinüber.

Die BVG macht dafür die Politik verantwortlich. Trotz Temperaturen um minus 18 Grad habe die Senatsverwaltung im Winter vor vier Jahren die Bauarbeiten nicht abgebrochen. Besonders der damalige Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) habe zur Eile gedrängt. „Der geplante Eröffnungstermin im Dezember sollte auf jeden Fall eingehalten werden.“ Dadurch seien im Unterbau des Gleisbettes erhebliche Frostschäden entstanden. „Die BVG hat nun das Nachsehen und muss für 180.000 Euro 185 Meter Schienen neu verlegen.“

Petra Reetz, Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, weist die Vorwürfe der BVG zurück. Nicht Pfusch beim Bau, sondern natürlicher Materialverschleiß sei der Grund für die Sanierungsmaßnahmen: „Diese Strecke ist straßenbahntechnisch der verkehrsreichste Knotenpunkt Deutschlands.“ Auch die enge Kurvenführung auf der Strecke belaste die Schienen enorm. Für Petra Reetz ist der Fall damit klar: „Das ist nicht unsere Baustelle.“

Winfried Rönsch, Leiter des Projektbereichs Bahn in der Senatsverwaltung und vor vier Jahren verantwortlich für die Planung der Strecke, teilt diese Einschätzung nicht. Dass die BVG nun mit Frostschäden zu kämpfen hat, ist für ihn keine Überraschung. Dennoch mache es sich die BVG zu einfach, wenn sie die Verantwortung dafür allein der Politik zuschiebe.

Alle Beteiligten, auch die Vertreter der BVG, hätten von diesem Risiko gewusst und es bewusst in Kauf genommen. Die Arbeiten unvermittelt abzubrechen, sei damals keine Alternative gewesen. Rönsch: „Chaos in der Innenstadt und ein provisorischer Buspendelverkehr über Monate, das kam nicht in Frage. Wir konnten nicht anders, als da durch.“ Sein Urteil: „Die Sanierungsmaßnahmen, die nun erforderlich sind, sind nicht schön, aber kein Drama.“ Auch ohne Frostschäden im Unterbau müssten die Schienen an den stark belasteten Stellen alle drei bis fünf Jahre ausgewechselt werden. Auch bei der BVG rudert man nun zurück und stimmt nach der harschen Kritik versöhnlichere Töne an. Bernd Lose, vom Betriebsmanagement der BVG, räumt ein: „Sicher sind auch von uns Fehler gemacht worden.“ ANNE RUPRECHT