: Mickymaus steht vor dem Aus
Die nächste feindliche Übernahme steht bevor: US-Medienkonzern Comcast bietet 66 Milliarden Dollar für Disney
BERLIN taz ■ Der US-Medienkonzern Comcast hat gestern überraschend ein Übernahmeangebot für eines der größten und bekanntesten Medienunternehmen der Welt gemacht: Für 66 Milliarden US-Dollar (rund 52 Milliarden Euro) will der Kabelfernsehriese die Walt Disney Company übernehmen.
Sollte diese feindliche Übernahme zustande kommen, würde der Konzern mit Time Warner oder Rupert Murdochs News Corporation um die Spitzenposition unter den internationalen Medienkonzernen konkurrieren. Dem Übernahmeangebot, das einem zehnprozentigen Aufschlag auf den aktuellen Wert der Disney-Aktie entspricht, gingen offenbar Verhandlungen um eine freundliche Fusion voraus. Es sei „schade, dass Sie hier nicht mitziehen“ schrieb Comcast-Vorstandschef Brian L. Roberts in einem gestern veröffentlichten Brief an Disney-Boss Michael Eisner. „Weil das so ist, bleibt uns nichts übrig, als jetzt ein öffentliches Angebot abzugeben.“ Der Disney-Konzern, Heimat von Mickymaus und Besitzer von einem Dutzend diverser TV-Kanäle, ist derzeit in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage.
Vorstandschef Eisner, einst Liebling der Wall Street, präsidiert derzeit über einen deutlichen Wertverlust der Disney-Aktie. Vor zwei Monaten hatte Roy Disney, Neffe des Unternehmensgründers Walt Disney, das Unternehmen verlassen und die Ablösung Eisners gefordert. Zuletzt scheiterte Eisner bei Verhandlungen über die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Trickfilmspezialisten Pixar, der für so spektakuläre Disney-Erfolge wie die Zeichentrickfilme „Toy Story“ und jüngst „Findet Nemo“ sorgte.
Comcast hatte sich im letzten Jahr durch den Aufkauf der Kabelfernsehsparte der Telefongesellschaft AT&T zum größten US-Kabelfernsehbetreiber vor Time Warner entwickelt und hat derzeit rund 21 Millionen Kunden in allen Teilen der USA. Ein Zusammenschluss mit Disney würde vor allem deshalb für Comcast Sinn machen, weil der Konzern bisher lediglich über das Kabelnetz, aber kaum eigene Programmproduktionen und Free-TV-Sender verfügt. Mit Disney kämen neben den legendären Film- und Fernsehstudios auch das landesweite ABC-Network und der Sportkanal ESPN in das gemeinsame Unternehmen.
Disney hatte bereits am Dienstagabend versucht, die Entwicklungen zu bremsen. In einer Mitteilung an die Aktionäre hieß es, Gespräche über einen Nachfolger des umstrittenen Michael Eisner stünden unmittelbar bevor. STEFFEN GRIMBERG
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen