Achsenkonzept auf der roten Liste

Podiumsdiskussion zu Neubaugebieten in den Walddörfern: Initiativen stellen Senatskonzept der „wachsenden Stadt“ in Frage. Oberbaudirektor: Künftiger städtebaulicher Schwerpunkt liegt zwischen City und Harburg. CDU trifft Entscheidungen

300.000 zusätzliche Einwohner muss man sich flächenmäßig mal vorstellen

von GERNOT KNÖDLER

Um das Senatskonzept einer „wachsende Stadt“ umsetzen zu können, braucht es nach Ansicht von Oberbaudirektor Jörn Walter einen Paradigmenwechsel in der Stadtentwicklungspolitik. Fritz Schuhmachers Achsenkonzept, nach dem Hamburg sich wie ein Farn ins Umland ausbreiten würde – mit freier Landschaft zwischen den „Blättern“ – habe ausgedient, argumentierte Walter bei einer Podiumsdiskussion des Runden Tisches Walddörfer zu den geplanten Neubaugebieten im Norden Wandsbeks. Jetzt liege der Schwerpunkt auf Flächenrecycling, wobei die Masse der Neubauten zwischen der City und Harburg entstehen werde. Weil aber nicht jeder in der Hafen-City wohnen wolle, müsste die Stadt in maßvollem Umfang Einzel- und Reihenhaussiedlungen im Grünen ermöglichen.

Der Einladung zur Podiumsdiskussion in die überfüllte Aula des Gymnasiums Ohlstedt war die gesamte Spitze der Baubehörde gefolgt. Anlass waren die Bebauungsplan-Entwürfe für den Immenhorstweg (Wohldorf-Ohlstedt 13/14) und das Gebiet beidseits der Hoisbütteler Straße (Bergstedt 23), die der Senat an sich gezogen hat. Bei der Debatte stellten Anwohner und Vertreter der Bürgerinitiativen des Runden Tisches das Konzept der wachsenden Stadt grundsätzlich in Frage: Es lohne sich nicht.

Walter reagierte mit seinen Ausführungen auf ein „Angstszenario“ Manfred Braaschs vom BUND, der dem Senat vorgeworfen hatte, er wolle planlos „eine Stadt wie Kiel nach Hamburg holen“. 300.000 zusätzliche Einwohner bedeuteten 150.000 zusätzliche Autos, von den Wohnungen ganz zu schweigen. Braasch: „Das muss man sich mal flächenmäßig vorstellen.“

Neue Einwohner und Unternehmen auf Konversionsflächen anzusiedeln, kann sich der BUND-Geschäftsführer gut vorstellen. Beim Kampf um die Häuslebauer müsse der Stadtstaat aber aufgrund seiner hohen Bodenpreise zwangsläufig das Nachsehen haben. Er forderte den Senat daher auf, die Lebensqualität im Innern der Stadt zu erhöhen.

Zuvor hatten verschiedene Redner in Frage gestellt, ob das Ziel von zwei Millionen Einwohnern erreichbar und sinnvoll sei. „Wo wollen Sie die Leute klauen“, fragte ein Walddörfler angesichts stark negativer Bevölkerungsprognosen für Europa. Von den erhofften Steuermehreinnahmen von 3000 Euro pro Kopf blieben der einschlägigen Senatsdrucksache allenfalls 700 übrig, wenn man die nötigen Investitionen gegenrechne.

Bau-Staatsrat Stefan Schulz (CDU) beharrte darauf, dass Hamburg mit der wachsenden Stadt sein Einnahmeproblem lösen könne. Unter der Ägide der SPD seien zig Bebauungspläne gemacht aber nicht umgesetzt worden. „Wir haben den Anspruch, dass entschieden wird“, sagte Schulz und erhielt dafür Applaus. Die jetzigen Bebauungspläne für den Immenhorstweg und die Hoisbütteler Straße sähen viel weniger Wohnungen vor, als bisher geplant. Damit löse der heutige Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sein Wahlversprechen einer „maßvollen Bebauung“ ein.

Die meisten Walddörfler wandten sich gegen jegliche Bebauung, weil sie Grünachsen zerschneiden würde und das Risiko berge, benachbarte Naturschutzgebiete zu beeinträchtigen. „Sie zerstören unsere Heimat“, warf Gerd Denker vom Bürgerverein Duvenstedt-Wohldorf-Ohlstedt Bausenator Mario Mettbach (Schill-Partei) vor. „Wenn Sie das schaffen“, drohte er, „ziehe ich mit meiner Frau ins Umland.“