Offene Fragen nach Giftunfall in der Eifel

Brennender Lkw verursacht großflächige Verseuchungen in der Eifel. Grüne fordern: Gefahrentransporte nur per Bahn

FRANKFURT/MAIN taz ■ Das Bild hätte aus einem Katastrophenfilm stammen können: Bagger mit gigantischen Schaufeln, tief aufgerissene Erde, Männer in Schutzanzügen, die herunterfallende nassbraune Klumpen sofort in Wannen schippen, Spezialfahrzeuge. Hier, bei der Ortschaft Olzheim im Landkreis Bitburg-Prümin, verunglückte in der Nacht zum 2. April ein Tanklastzug mit 25.000 Tonnen Insektengift. Er war für BASF von Dänemark nach Spanien unterwegs gewesen und auf der Bundesstraße 51 ins Schleudern geraten. Dabei prallte er gegen einen Brückenpfeiler und fing Feuer.

Auch noch eine Woche nach dem Unfall versuchen Toxikologen von BASF, die ausgelaufene und zum Teil auch verbrannte Substanz genau zu analysieren. Die Eifel sei „gerade noch einmal einer Katastrophe entgangen“, heißt es rückblickend bei den lokalen Behörden, die erst jetzt die ganze Dimension des Crashs einschätzen können.

Das Erdreich wurde großflächig verseucht. Die toxische Flüssigkeit – laut BASF mit dem Wirkstoff Dimethoat – gefährdet das Grundwasser. Im Flüsschen Prüm und im nahen Reutherbach wurden von den Experten hochgiftige Belastungen registriert. Die Kreisverwaltung befürchtet Langzeitschäden an Kleinlebewesen und Fischen. Bis auf weiteres dürfen an den Wasserläufen weder Tiere getränkt werden noch Kinder spielen.

Der dänische Fahrer gab an, er habe einem Reh ausweichen wollen. Einem Polizeibericht zufolge hatte er jedoch auch 1,83 Promille Alkohol im Blut.

Der Sattelschlepper war zwar mit einem orangefarbenen Warnschild ausgestattet, doch Informationen über das flüssige Transportgut waren darauf nicht verzeichnet. Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren gingen zum Teil ohne Schutzanzüge zu Werke – trotz des beißenden Geruchs, der permanent in der Luft hing. Erst als ein Polizist später die Papiere des Fahrers studierte, wurde klar, dass es sich bei der ausgelaufenen Substanz, die von Dänemark nach Spanien transportiert werden sollte, um ein Insektengift der extrem toxischen Stoffklasse 3017 handelte, bei dessen Verbrennung Blausäure freigesetzt wird.

Inzwischen wurden alle Helfer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen unterzogen, deren Ergebnisse auch gestern noch nicht vorlagen. Die verseuchte Kleidung wurde in einem Spezialofen verbrannt.

Bürger in der Region wundern sich über die Route: Von Dänemark über die B 51 in der Eifel nach Spanien? Die Grünen legen der SPD/FDP-Landesregierung inzwischen einen umfangreichen Antrag auf Berichterstattung zu dem gesamten Komplex vor. Güter dieser Gefahrenklasse, so die Grünen in Mainz, dürften nicht länger auf der Straße transportiert werden, sondern gehörten in Spezialwaggons abgefüllt und ausschließlich auf die Schiene.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT