Tour d’Amour

Geschichten vom trauten Zweisein unterwegs, von Dienst- und Ferienreisen der historischen Promis, von feurigen, aber auch von trantütigen Pärchen, von Beauvoir & Sartre, von Onassis & Callas. Ein Buch für Verliebte auf Reisen

VON GÜNTER ERMLICH

Es prickelt zwischen Heinrich und Anna. Sie durchstreifen Auenlandschaften und Wälder und wandern dem Höhepunkt entgegen, der Habsburg auf dem Wülpelsberg. Junge Liebende wie Heinrich Pestalozzi, der später berühmte Erzieher und Reformer, und Anna Schultheiss, die Zürcher Kaufmannstochter, besteigen gerne Berge, macht uns die Autorin Iris Schürmann-Mock weis. Zusammen genießen sie die entrückte Nähe. Und rund 237 Jahre später ist die Habsburg noch immer ein Hort der Liebelei und das Schlossrestaurant eine feine Adresse für Hochzeitsfeiern.

Diese Schweizer Wandertour ist eine von 13 „Reisen für Verliebte“, denen die Autorin gefolgt ist. Sie wandelt auf den Spuren berühmter Paare (alle nicht mehr von dieser Welt) kreuz und quer durch Europa, sucht die Schauplätze und Stationen ihrer Reisen auf und unterfüttert das Gesehene mit Material aus Haushaltsbüchern und Hofprotokollen, Briefen und Biografien.

Wir lesen zum Beispiel, wie Margaret Rutherford alias Miss Marple und Stringer Davis, ihr Filmpartner und Ehegespons, durch die Gartenlandschaft von Buckinghamshire spazieren oder auf der Themse Bötchen fahren. „Es ist etwas ganz Eigenes, mit dem Mann, den man liebt, Boot zu fahren“, schwärmt Margaret über Bootspartner Stringer. Wir lesen vom Intello-Paar Simone de Beauvoir, die sich selbst als „reisehungrig“ bezeichnete, und ihrem Alter Ego, dem liebeshungrigen Jean-Paul Sartre. Im Sommer 1941 machen sie eine sechswöchige Rad- und Zelttour von Paris an die Côte d’Azur und retour, „mehr als tausend Kilometer auf staubigen Straßen“. Wir lesen auch von Königin Viktoria und Prinz Albert, die abseits der Londoner Etikette und inkognito, unter dem Namen Churchill, das schottische Hochland entdecken.

Die schönste Lovestory jedoch handelt vom maritimen Eroberungsfeldzug des schwerreichen Schwerenöters Aristoteles Onassis. Wie der Tankerkönig Maria Callas (inklusive ihres Ehemanns und einer glamourösen Gästeschar) auf seiner schneeweißen Luxusjacht „Christina“ so lange durchs Mittelmeer schaukelte, bis die Operndiva endlich bei ihm vor Anker ging.

Nicht auf alle Paare trifft indes der Buchtitel „Reisen für Verliebte“ zu, bei Kaiser Franz Joseph und seinem „Sisi-Engel“ ist er geradezu fehl am Platz. „Politik und Protokoll standen im Vordergrund“ ihrer Kärnten-Reise anno 1856, notiert denn auch die Autorin; die Regierungspflichten erstickten nicht nur jegliche Reiselust des Kaiserpaars, sondern hatten auch die Ehe schon kurz nach ihrer Schließung ruiniert.

13 Exkurse zu Liebesorten wie der schottischen Heiratsschmiede Gretna Green oder den Grabstätten berühmter Liebender auf Pariser Friedhöfen ergänzen die Geschichten, viele Fotos, Postkarten und Zeichnungen illustrieren den Textteil, und ein „kleiner Reiseführer“ mit Adressen erhöht den touristischen Nutzwert des gefälligen Bildbands.

Iris Schürmann-Mock: „Reisen für Verliebte. Auf den Spuren berühmter Liebespaare“. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2003, 168 Seiten, 35 €