Häschen fürs Kleinhirn

Erotik-Trash ohne Ironie und Punkrock von der Stange: Die spanische Band KilIer Barbies inszenierte im Tower eine fröhliche Bad Taste-Party für Kids und trunkene Junggesellen

Unter Männern. Kontaktaufnahme nach Kegelbruder-Art: „Hast du meine Schwester gebumst?“, lallt Huub gutgelaunt am Pissoir. „Es lohnt sich nicht!“ Gelächter.

Huub ist mit zwei Freunden, alle Anfang 30, drei Stunden lang von Groningen nach Bremen gefahren, um hier in „diesem Laden“ – gemeint ist der Tower – „mal so richtig mitzumachen“.

Dass an diesem Abend zufälligerweise die Killer Barbies spielen, kommt den drei Betrunkenen sehr entgegen. Auch wenn ihnen die Musik nicht viel sagt („Ist das Punk?“, fragt einer später): Die Soft-Porno-Erotik von Killer Barbies-Frontfrau Silvia Superstar ist ganz nach ihrem Geschmack.

Zerrissenes Punk-T-Shirt über Silikonbrüsten, kaputter Jeans-Minirock, UFO-Tattoo auf dem Oberarm, laszives Räkeln hinter dem Mikroständer, abwechselnd mit breitbeinigen Rockposen, jede Menge kitschige Todessymbolik: In Silvias schrillem Outfit und ihrer aufreizenden Bühnenshow sieht Margret, eine der wenigen Frauen im Publikum, eine augenzwinkernde Fortführung des Riot Grrrl-Gedankens. Doch für ein Riot Grrrl ist Silvia einfach zu harmlos: Sie wirft den Männern mit großen Kulleraugen heiße Blicke zu, macht lustige Ansagen, wirft sich einmal auch kurz in den Moshpit. Von ironischer Brechung keine Spur. Silvias konsequente Inszenierung als knalliges Punk-Sex-Häschen soll das Kleinhirn bedienen.

Martin, 30, sieht die Sache etwas abgeklärter. „So viel ist in Bremen ja auch nicht los, da nimmt man halt möglichst alles mit.“ Klar, musikalisch sei das hier nicht besonders anspruchsvoll, da könne man sich auch jede Menge andere Bands ansehen. Aber Silvia sei natürlich schon interessant. Er gewichtet seine Beweggründe für den Besuch des Konzertes wie folgt: 65 Prozent musikalisches Interesse, 35 Prozent „dieses Table-Dance-Ding, was die da abzieht“.

Nach dem Auftritt gibt Silvia bereitwillig Autogramme. Die Kids umringen ihren Star, die älteren männlichen Fans halten sich im Hintergund. Glotzen: okay!, aber nur aus sicherer Entfernung. Ein letzter verstohlener Blick auf Silvias Körper. Dann ab nach Hause. Till Stoppenhagen