Für Gold verausgabt

Hamburgs Handball-Europameister wünschen sich eine Spielplanänderung, um ihre Knochen zu schonen

Hamburg taz ■ Die erste Herausforderung kam nach dem Spiel. Doch die hatte es in sich: Die beiden frisch gebackenen Europameister im Team des HSV, Pascal Hens und Torsten Jansen, hatten mit den Heerscharen von halbwüchsigen Fans mehr Probleme, als während des Spiels mit dem gegnerischen Team. Mit dem Schlusspfiff stürmte der Autogrammjägernachwuchs mit Kameras, Stift und Papier bewaffnet auf die goldbehängten Europameister zu.

Der Stralsunder HV gratulierte auf seine Weise und gab vor 9.113 Zuschauern in der Color Line Arena den höflichen, weil wenig stürmischen Partygast. Eine Stunde lang präsentierte sich das Team von Trainer Norbert Henke bei der 30:18-Niederlage ehrfürchtig harmlos. Europameister trifft man ja auch nicht alle Tage, schienen sich die Gäste gedacht zu haben.

Nach leichtem Spiel konnte der HSV den fünften Tabellenplatz der Bundesliga festigen. Hens und Jansen konnte dies nur recht sein, schließlich galt es, die durch acht Spiele in elf Tagen bei der EM geschundenen Knochen so gut es ging zu schonen. Besonders Torsten Jansen, der in der Nationalmannschaft nach Florian Kehrmann die meiste Einsatzzeit hatte, schien erleichtert, als er auf die Frage antworten durfte, ob der voll gepackte Liga-Spielplan mit bis zu 50 Spielen pro Saison nicht des Guten zu viel sei. „Es ist im Interesse aller, den Spielplan zu überdenken. So wie es jetzt ist, kann es nicht gut sein.“

Auch „Pommes“ Hens sprach von einer „zu hohen Belastung“ der Spieler, „aber wir sind Angestellte und müssen spielen“. Dabei sind die Gefahren enorm. „Einige sind nach den EM-Spielen zusammengebrochen. Beinahe jeder Spieler hing während der EM mal am Tropf“, sagte Jansen. „Aber wir können ja nicht streiken.“ Er sehne eine Konferenz der Funktionäre herbei, die den Spielern in Aussicht gestellt wurde und Hoffnung auf Entlastung brächte.

Eine solche fordert auch HSV-Trainer Bob Hanning, der sich wünscht, dass die „Verbände zusammenkommen und ohne Drohungen eine Lösung finden“. Der momentane Zeitplan sei schlicht „nicht vertretbar“. Seine Schützlinge Hens und Jansen seien zwar noch fit, würden jedoch aufgrund der Belastung schneller müde und dadurch natürlich auch verletzungsanfälliger. Warum das EM-Turnier nicht länger dauern darf, um den engen Spielplan des Wettbewerbs zu entzerren, bleibt indes das Geheimnis der internationalen Verbände. „Drei bis vier Tage müssten locker drin sein“, meint Bob Hanning. Dann würde das Autogramme-Schreiben wohl auch leichter fallen. TONIO POSTEL