Erst Weile, jetzt Eile

Koalition will rasch Beteiligung an Piratenbekämpfung beschließen

BERLIN taz ■ Jetzt kann es den Berliner Koalitionsspitzen gar nicht schnell genug gehen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief am Donnerstag von Indien aus nach einem raschen Bundeswehreinsatz: „Ich hoffe, dass das in den allernächsten Tagen zum Abschluss kommen kann.“ SPD-Fraktionschef Peter Struck versprach ebenfalls eine rasche Entscheidung: „Es wird eine Vorlage geben, um die effektive Bekämpfung der Piraterie zu ermöglichen.“ Und CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer verlangte gar, es mit den Paragrafen nicht so genau zu nehmen: „Es wäre ein Irrglaube zu meinen, man könnte mit dem letzten deutschen rechtsstaatlichen Schliff Piratennester am Horn von Afrika ausheben.“

Vor allem von der Union sind solche Töne neu. Bislang hatten insbesondere Verteidigungs- und Innenministerium rechtliche Bedenken gegen einen Bundeswehreinsatz geltend gemacht. Wenn Soldaten eine solche Polizeiaktion ausführen sollten, hieß es, gehe das nicht ohne eine Änderung des Grundgesetzes. SPD-Unterhändler hegten stets den Verdacht, Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wolle dieses Junktim mit einer Verfassungsänderung dazu benutzen, seine umstrittenen Pläne für Bundeswehreinsätze im Inland durchzusetzen. Für die Soldaten vor Ort bedeute die Blockade „ein Stück Absurdistan“, kritisierte der Chef des Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz.

An dem Koalitionskonflikt scheitert ein Mandat für den Einsatz schon seit Monaten – auch wenn das Thema nach jedem spektakulären Entführungsfall wieder hochschwappt. Seitdem somalische Seeräuber am Samstag mit dem saudischen Tanker „Sirius Star“ das bislang größte Schiff entführt haben, hat die Debatte allerdings eine neue Qualität bekommen. Gewachsen ist auch der internationale Druck. Bereits Anfang voriger Woche hatten die Außen- und Verteidigungsminister der EU eine gemeinsame Mission beschlossen. Völkerrechtliche Grundlage ist eine Resolution, die der UN-Sicherheitsrat bereits Anfang Juni verabschiedet hat.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts zeigte sich am Donnerstag zuversichtlich, dass sich die vier beteiligten Ministerien, zu denen auch das Justizressort zählt, bald einigen. Die verbleibenden Differenzen seien „nicht grundsätzlicher Natur“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold. Man müsse vor allem vermeiden, „dass am Ende alle Strafverfahren vor deutschen Gerichten landen“, sagte Arnold der taz. Es gelte aber zu verhindern, „dass wir aus lauter Sorge vor Risiken das Notwendige nicht tun“. Der Bundestagsbeschluss solle noch vor Weihnachten gefasst werden, versprechen alle Beteiligten. „Aber in einem unhektischen Verfahren“, versichert Arnold – anders als beim Rettungspaket für die Banken. RAB