vorlauf
: Lotte Ulbricht als Lotte Ulbricht

„Die Ulbrichts privat“ (22.05, MDR)

Über ihren Mann Walter, den ehemaligen Staatschef der DDR, über ihr Leben als überzeugte Kommunistin und über das gestörte Verhältnis zu ihrer Adoptivtochter Beate hat Lotter Ulbricht bis zu ihrem Tod 2002 geschwiegen.

Der MDR hat über das, was die Witwe Ulbricht nie erzählte, einen Film gemacht, eine Dokumentation. Denn in Berlin ist angeblich ein Koffer mit noch nie veröffentlichten Dokumenten und Tagebüchern der Witwe Ulbricht aufgetaucht. Und jetzt darf Lotte Ulbrichts ehemalige Haushälterin, Ursula Seidler, aus diesen Tagebüchern vorlesen. Doch die Autoren Hans Sparschuh und Reiner Burmeister haben nicht nur den Koffer geplündert, auch Weggefährten wie Wolfgang Leonhard kommen zu Wort. Außerdem haben sie Lottes Nichte Lisa Thomson in Texas aufgestöbert. Die erinnert sich jetzt an „Tante Lotte“, liest ihre Briefe vor und hält Fotos in die Kamera. Über drei Monate haben die Autoren an dem Film gebastelt. Herausgekommen ist ein interessanter Einblick in das Leben einer interessanten Frau; allerdings ein völlig kritikloser Einblick. Dass Lotte Ulbricht eine kompromisslose, linientreue Kommunistin und an manchen Säuberungsaktionen beteiligt war, davon erzählt der Film nur am Rande. „Dat war ihr Bruder, der Bruno. Der hat sie da reinjemacht in den Kommunismus“, erklärt Lisa Thomson. Dann geht die Geschichte auch schon weiter. Lotte Ulbricht als Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus, Lotte Ulbricht als engagierte Frauenpolitikerin, Lotte Ulbricht als Übersetzerin, Lotte Ulbricht als starke Frau. Der Film hätte ihr sicherlich gut gefallen. „Wir wollten Hochpolitisches und Privates sachlich nebeneinander stellen“, sagt Autor Sparschuh: „Wir überlassen es dem Zuschauer, sich eine Meinung zu bilden.“

Doch zum Leben der Ulbrichts gehören die Partei, die Ideologie und die DDR. „Die Ulbrichts privat“ kann so privat gar nicht sein, dass man ihn nicht kommentieren müsste. Und so ist der Film nicht nur das Porträt einer interessanten Persönlichkeit, sondern auch eine banale Aneinanderreihung aus Bruchstücken der DDR-Geschichte. PHILIPP DUDEK