: Nigerias Regierungspartei besteht ersten Test
Die Partei von Präsident Obasanjo führt bei den Parlamentswahlen klar. Regionale Polarisierung prägt das Ergebnis
BERLIN taz ■ In Nigeria hat die regierende „Volksdemokratische Partei“ (PDP) von Präsident Olusegun Obasanjo die Parlamentswahlen vom Samstag voraussichtlich gewonnen. Nach Auszählung von 124 der 360 Wahlkreise lag die PDP gestern Mittag mit 69 Sitzen und 50,9 Prozent klar vor der „Gesamtnigerianischen Volkspartei“ (ANPP) des Exmilitärdiktators Mohammadu Buhari, die auf 34 Sitze und 26,2 Prozent kam. Nigerias drittgrößte Partei, die einst aus der Demokratiebewegung hervorgegangene „Allianz für Demokratie“ (AD) kam auf 18 Sitze, sämtlich in Nigerias größter Stadt Lagos.
Die Wahlergebnisse deuten auf eine zunehmende regionale Polarisierung der nigerianischen Politik hin. Die PDP erzielte gegenüber den Wahlen von 1999 – als die letzte Militärdiktatur in Nigeria zu Ende ging – erhebliche Zugewinne im Südwesten, Heimat des Yoruba-Volkes, dem Präsident Obasanjo angehört. 1999 hatten die Yorubas noch mehrheitlich für die AD gestimmt; sie liegt jetzt nur noch in Lagos vorne. Die ANPP, die von konservativen Militärs gestützt wird, hat sich demgegenüber in den ländlichen Gebieten des muslimischen Nordens durchgesetzt. Sie entthronte dort überraschend mehrere führende PDP-Politiker. Ihren bisher höchsten Stimmenanteil hat sie mit 69,9 Prozent im nordwestlichen Zamfara. Das war 2000 der erste Bundesstaat, der das islamische Scharia-Strafrecht einführte, das mittlerweile überall im Norden gilt.
Die besten Ergebnisse bekam die Regierungspartei wie 1999 in den Ölfeldern des südnigerianischen Niger-Flussdeltas, was aber wie vor vier Jahren wohl an Manipulation liegt. Im Bundesstaat Rivers, der das östliche Delta um Nigerias größten Ölhafen Port Harcourt umfasst, geben die offiziellen Ergebnisse der PDP 94,8 Prozent bei einer Beteiligung von rund 90 Prozent, was als völlig unrealistisch gilt. Ein BBC-Reporter in Port Harcourt berichtete, bei der Auszählung seien zahlreiche Wahlurnen verschwunden. Über den Wahlablauf meldete er: „Auf einer Schulveranda im Stadtzentrum fragten die Wahlleiter die Wähler, für wen sie wählen wollten. Dann drückten sie den Daumenabdruck der Wähler auf den Stimmzettel neben den angegebenen Kandidaten.“
Im Ölhafen Warri des westlichen Delta musste die Wahl aufgrund von Angriffen bewaffneter Milizen des Ijaw-Volkes abgesagt werden. Vielerorts kam es zu Verzögerungen im Wahlablauf, die zur Verlängerung der Wahl um einen Tag führten. Gewalt zwischen militanten Anhängern verschiedener Parteien an verschiedenen Orten forderte etwa zwei Dutzend Tote.
Die unabhängige Wahlkommission (Inec) sagte, die Wahl sei „zu 95 Prozent“ erfolgreich gewesen. Die UN-Wahlbeobachter urteilten, die Wahl sei viel besser verlaufen als vor vier Jahren: „Die meisten Wähler fanden ihre Namen auf dem Wahlregister wieder und durften wählen.“ Am kommenden Samstag gibt es Präsidentschaftswahlen – der Haupttest für Nigerias junge Demokratie. DOMINIC JOHNSON
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