Von wegen wieder gut

Spanische Regierung will Folgen des „Prestige“-Unglücks beseitigt haben. Die Fakten sehen allerdings anders aus

MADRID taz ■ Elvira Rodríguez ist zufrieden. „Die Küste ist viel sauberer, als ich erwartet habe“, erklärt die frisch gekürte spanische Umweltministerin bei ihrem Antrittsbesuch an der Costa da Morte, wo letzten November der Tanker „Prestige“ auseinander brach. Von der größten Ölpest, die Europas Küsten je heimsuchte, soll pünktlich zum Auftakt der Badesaison nichts mehr zu sehen sein.

Schon jetzt seien 75 Prozent der Strände gereinigt. Auf dem Rest sollen ab 1. Juni auch schon die Handtücher ausgebreitet werden können. Schwemmt der Atlantik doch einmal den ein oder anderen Klumpen an, soll eine Spezialtruppe die Strände überwachen und nachbessern. Bei so viel Voraussicht zeigen sich auch die Vertreter des Hotel- und Gaststättengewerbes zuversichtlich. Sie erwarten für diesen Sommer die gleiche Buchungsrate wie im Vorjahr.

Bereits jetzt in der Osterwoche kamen erste Touristen an die nordwestspanische Küste. Für sie wurden eigens die unter Naturschutz stehenden Cis-Inseln wieder geöffnet. Doch schon am Sonntag hat dies ein Ende. Dann ist die Osterwoche vorbei, die Inseln werden wieder geschlossen. Mit Hochdruck wird dann – wie überall in Galicien – die Felsenküste gereinigt. Sie ist vielerorts nach wie vor schwarz verkrustet.

Auch im Fischfang reden die Behörden gerne von „Normalisierung“. Seit dieser Woche werden an einigen Stellen erstmals wieder die als Delikatessen geltenden Entenmuscheln von den Felsen gepflückt.

Solche Meldungen täuschen nicht darüber hinweg, dass in Galicien nur 600 von 4.000 Booten wieder ihrer Arbeit nachgehen können. Zudem sind in den küstennahen Gewässern nach Untersuchungen des spanischen Ozeanografischen Instituts 77 Prozent der Fänge verseucht. Große Teile des fischreichen Meeresbodens sind mit Ölschlamm überzogen.

Und 140 Kilometer vor der Küste droht noch immer das in zwei Teile gebrochene Wrack der „Prestige“. Insgesamt 37.000 Tonnen Schweröl lagern in den Tanks in fast 4.000 Meter Tiefe. Der spanische Erdölkonzern Repsol hat jetzt den Zuschlag für die endgültige Beseitigung des Wracks bekommen. Die Tanks sollen mit einem neuartigen Verfahren entleert werden. Die Techniker wollen die „Prestige“ mit einem Roboter anbohren. Auf das 70 cm große Loch sollen dann Säcke aufgestülpt werden, die sich langsam mit bis zu 1.000 Tonnen Öl füllen. Ob das beim immensen Druck in 4.000 Meter Tiefe klappt, wird sich ab September zeigen. Das Verfahren ist mit 20 Millionen Euro billiger, als das Öl abzupumpen.

Derweil machen immer neue Ölteppiche Schlagzeilen. Erst letzte Woche will ein Flugzeug einen Fleck von zehn Kilometer Länge und 300 Meter Breite entdeckt haben. Die Behörden bestreiten dies. Das Wrack sei erfolgreich abgedichtet worden, es handle sich wahrscheinlich um „die Spiegelung einer Wolke oder eine Ansammlung von Algen“. Und liefe doch etwas aus, sei das kein Grund zur Sorge. „Das Öl wird Richtung Amerika getrieben“, erklärt der zuständige Sprecher im Ministerium für öffentliche Arbeiten. REINER WANDLER