nachgefragt
: „Good bye Saddam, good morning Kurdistan“

Jugendliche suchen den Frieden

Als am Freitag die Medien den Fall von Mossul meldeten, fuhr ein Auto-Konvoi mit kurdischen Fahnen durch die Neustadt. Jugendliche zeigten Schilder, auf denen stand: „Thanks Mr.Bush & Mr. Blair“ und „Good bye Saddam, good morning Kurdistan“.

Viele ihrer deutschen Altersgenossen kommentieren das kritisch. „Eine heikle Sache“ nennt Christian Meyer das Jubeln der Kurden. Christian ist 19, Schüler, hat eine Reggae-Frisur, und – macht mit bei „Jugend gegen Krieg“ (JgK). So heißt das im Februar auf Initiative der trotzkistischen „Sozialistischen Alternative“ (SAV) gegründete bundesweite Aktionsbündnis, das schnell allen politischen Strömungen ein Becken bot. Als der Irak-Krieg begann, waren die Schüler die ersten, die auf die Straße gingen; seit seiner Gründung hatte JgK auf den „Tag X“ hingearbeitet und die „Antikriegskomitees“ der Bremer Schulen vernetzt. Jetzt sitzt Christian in einem Raum der Schülervertretung und grübelt.

„USA und Kurden haben zurzeit dieselben Interessen, aber das kann sich schnell ändern. Die USA wollen keinen Kurdenstaat“, weiß Christian. Wie er selbst zu solch einem Staat stehen würde, weiß er nicht. Er sieht die Gefahr, dass eine kurdische Vorherrschaft auf Kosten anderer Ethnien gehen könnte.

Eine Mitstreiterin schließt sich dem „heikel“ an: „Für die Diskriminierten einen eigenen Staat zu gründen, das hat man schon bei den Juden versucht, und da sieht man es – es bringt nur Scheiße.“ Die 15-jährige, in Moskau geborene Gesamtschülerin wurde erst jetzt bei den Kriegsprotesten „politisiert“.

Lea Voigt ist neben der JgK auch im Vorstand der Gesamtschülervertretung (GSV) aktiv. Sie sagt: „Obwohl die Gründung von Nationalstaaten manchmal Beruhigung in die Lage bringt, ist sie fragwürdig, vor allem, weil die Staaten entscheiden, wer auf ihrem Gebiet leben darf und wer nicht“. Für den Wunsch der Kurden hat die 17-Jährige dennoch Verständnis.

Die JgK macht sich auf schwere Zeiten gefasst. Allen im Bündnis ist klar, dass es nach Kriegsende schwer sein wird, Jugendliche für Themen wie Aufrüstung und Militarismus zu interessieren. Ohne die „eher Unpolitischen, die einfach nur gegen den Krieg im Irak waren“, werde zu künftigen Aktionen nur noch „der harte Kern“ erscheinen. Darüber sind sich im Raum alle einig.

„Jetzt wird den USA vorgeworfen, den Weltfrieden zu gefährden. Aber von welchem Frieden ist da die Rede?“, fragt Lea. „Es verhungern Menschen in Friedenszeiten.“ Die „soziale Frage“ weltweit müsse schnell geklärt werden. Christian dazu: „Hier gibt es Menschen, die mehr Geld haben als der Staat selbst. Keinem Menschen steht so viel Geld zu.“Ewgeniy Kasakow