„Die haben sich übernommen“

Als reiner Jobvermittler konnte Maatwerk nicht überleben, meint der Berliner Sprecher des Bundesverbands Zeitarbeit, Dirk Janssen. Denn Personal-Service-Agenturen (PSA) sind keine Goldgruben, sondern ein riskantes Geschäft

taz: Funktioniert das Konzept der Personal-Service-Agenturen (PSA) überhaupt?

Dirk Janssen: Die Insolvenz bei Maatwerk ist nicht beispielhaft für die gesamte Branche. Jedes Unternehmen, das sich an der Ausschreibung der Arbeitsämter beteiligt hatte, musste einen Grundbetrag pro Vermittlung angeben. Auf dieser Grundlage wurde der Auftrag vergeben. Ich vermute, dass Maatwerk da zu optimistisch kalkuliert hat.

Teilweise erhalten die PSA 800 Euro pro Vermittlung. Warum kann man da nicht wirtschaftlich arbeiten?

Es gibt ja Beispiele, die funktionieren. Aber meines Wissens hat sich Maatwerk auf die Vermittlung beschränkt. Die Betätigung als PSA ohne Zeitarbeit kann aber nicht funktionieren. Erst nachträglich ist das Unternehmen auch in die Zeitarbeit eingestiegen, aber da war es wohl schon zu spät.

Warum muss eine Vermittlungsagentur auch Zeitarbeit anbieten?

Als reine Vermittlungsagentur kann man längst nicht so erfolgreich vermitteln wie mit Zeitarbeitseinsätzen. Zusätzlich fehlen die Einnahmen für die angestellten Zeitarbeiter. Maatwerk hat sich ja ursprünglich mit der Wiedereingliederung von Sozialhilfeempfängern ins Berufsleben beschäftigt. Dem Unternehmen fehlten die Erfahrungen und die Kontakte für erfolgreiche Zeitarbeit. Die haben sich da in eine Sache eingelassen, mit der sie überfordert waren.

Haben die PSA-Aufträge der Arbeitsämter eine Goldgräberstimmung in der Branche ausgelöst?

Das hat viele Quereinsteiger angezogen, Bildungsträger oder Firmen wie Maatwerk. Viele Zeitarbeitsfirmen haben das eher mit Skepsis betrachtet. Eine PSA zu betreiben ist eine sehr schwierige Sache. Ich habe mit PSA-Betreibern gesprochen, die haben nach sechs Monaten den Vertrag mit dem Arbeitsamt selbst wieder gekündigt und haben aufgehört, weil sie bis dahin Verluste eingefahren hatten. Die Klientel einer PSA sind Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte. Angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt ist es natürlich nicht leicht, die Leute in Arbeit zu bringen.

Wie konnte die Firma Maatwerk so groß werden?

Ja, die Frage stellt sich wirklich. Maatwerk gab es bis zur Einführung der PSA noch nicht in Deutschland. Dann hat das Unternehmen über zweihundert Standorte in neun Monaten aufgebaut. Selbst die größten Zeitarbeitsfirmen in Deutschland verfügen nicht über so viele Filialen. Viele in der Branche haben daran gezweifelt, ob man als Newcomer in so einem kurzen Zeitraum ein derartig gewaltiges Unternehmen auf die Beine stellen kann.

INTERVIEW: WIBKE BERGEMANN