Bericht über Kindersexmorde zurückgezogen

Australische Kinderschutzorganisation dementiert eigenen Bericht über 80 Kindermorde durch Pädophile in Bali

BERLIN taz ■ Die Chefin der australischen Kinderschutzorganisation Child Wise, Bernadette McMenamin, hat einen Bericht ihrer Organisation zurückgezogen, in dem von der mutmaßlichen Ermordung von 80 indonesischen Kindern durch einen internationalen Pädophilenring auf der Ferieninsel Bali die Rede war (siehe taz von gestern). Laut der gestrigen Ausgabe der Tageszeitung The Age aus Melbourne sagte McMenamin, sie wünsche, der Bericht sei nie veröffentlicht worden. Es habe sich nicht um eine seriöse Untersuchung gehandelt, sondern um die Sammlung von Kommentaren eines Studenten.

Der jetzt nur noch als Arbeitspapier bezeichnete Bericht war im November veröffentlicht worden, wurde damals aber von den Medien ignoriert. Erst als im Januar die Verhaftung des früheren australischen Diplomaten und mutmaßlichen Pädophilen William Stuart Brown die Aufmerksamkeit auf internationalen Kindesmissbrauch in Bali lenkte, interessierten sich die Medien für das Thema. Brown wird vorgeworfen, dort 1996 zwei Jungen missbraucht zu haben. Laut McMenamin seien zwar Pädophile in Bali aktiv, in anderen Teilen Asiens und Indonesiens sei der Kindesmissbrauch aber zum Teil ein größeres Problem.

Laut The Age sagte die balinesische Psychologieprofessorin Luh Ketut Suryani, Gerüchte über Kindermorde durch Pädophile in Bali kursierten seit 1999. Das Verschwinden von 80 Kindern sei dort aber „unmöglich“. Suryani leitet eine Gruppe gegen Kindesmissbrauch, die den Gerüchten bisher erfolglos nachging, aber auch mehr Aktivitäten der Behörden fordert. Auch Gloria Goodwin von der Crises Car Foundation aus dem nordbalinesischen Lovina berichtete laut The Australian von entsprechenden Gerüchten, die nicht zu überprüfen gewesen seien.

Australiens Bundespolizeichef Mick Keelty kündigte derweil in Canberra an, dass die australische Polizei noch in diesem Monat mit Zustimmung der indonesischen Regierung einen Verbindungsoffizier nach Bali entsenden wird. Der solle sich neben Fragen der Terrorismusbekämpfung besonders des Problems des internationalen Kindesmissbrauchs annehmen.

SVEN HANSEN