Knallende Eier, tanzende Sonnen

Witte Wiehnachten gifft gröne Ostern: Vergessene Osterbräuche in Schleswig-Holstein

Von den alten Osterbräuchen ist in Schleswig-Holstein nicht viel geblieben. Ostereier, Kirche, Kaffee und Kuchen und vielleicht noch ein Osterfeuer, damit hat es sich im Norden. Die einzige Veränderung im Osterbrauchtum ist nach Aussage des Kieler Volkskundlers Nils Hansen in den Vorgärten zu sehen. Die bunten Eier an den Sträuchern sind in den vergangenen 15 Jahren immer populärer geworden. Österliches Brauchtum und auch der Aberglaube der vergangenen Jahrhunderte ist jedoch weitgehend in Vergessenheit geraten.

Früher wurden schon am Abend vor Ostersonntag überall Eier gegessen, heißt es im Schleswig-Holsteinischen Wörterbuch von Otto Mensing (1931/1973). Während die Eier gekocht wurden, sei von der Jugend kräftig mit der Peitsche geknallt worden. „Es hieß, man wolle die Eier gar knallen.“

Obskure Bräuche, wie das fünffache Umrunden des Hauses nach dem Verzehr der Eier, sind ebenso verschwunden, wie der Brauch, die Eierschalen einem guten Freund zu bringen, weil dies Glück bringen sollte. In der Elbmarsch hatte das Osterfest um 1840 noch eine andere Bedeutung. Von diesem Tag an wurde kein Licht mehr angemacht: Man ging noch bei Tageslicht zu Bett.

Der Aberglaube zu Ostern bezog sich meist auf die Sonne. Man nahm an, dass die Sonne beim Aufgehen tanze oder aus Freude über die Auferstehung des Herrn hüpfe. Wer dies sehen wollte, musste entsprechend früh aufstehen und sich dieses Ereignis durch eine Ritze in der Türfüllung, ein farbiges Stück Glas oder in einem Eimer Wasser ansehen. In der Flensburger Gegend nahmen die Menschen sogar an, dass am Ostermorgen zwei Sonnen aufgehen würden.

Auch für das Wetter spielte Ostern eine wichtige Rolle. Die Windrichtung am Ostermorgen, so der Glaube, sei bestimmend für sechs bis sieben Wochen. Fielen am Ostermontag Tropfen von den Bäumen auf die Erde, dann kündigte sich ein fruchtbares Jahr an. Als Wetterregel galt: „Witte Wiehnachten gifft gröne Ostern.“

Nicht nur Aberglaube und Eieressen bestimmten damals die Ostertage. Aus dem Jahr 1785 ist folgender Satz überliefert: „In den Ostertagen trieb man viele närrische Possen; man lief verkleidet und vermummet durch die Gassen, um ein Gelächter zu erregen, wobey man sich besoff.“

rüdiger ewald