Das Pfund Kaffee zu 49 Cent

„Make Trade Fair“ – Kraft Foods hat im vergangenen Jahr seinen Nettogewinn um 80 Prozent gesteigert, die Weltmarktpreise für die Bohne sind auf historischem Tiefststand

Kaffeebauern vor dem Ruin, 80 Prozent Gewinnsteigerung bei Kraft

taz ■ Im Rahmen der Kampagne „Make Trade Fair“ haben gestern VertreterInnen von Oxfam Deutschland, dem Bremer Zentrum für Menschenrechte und Entwicklung (BIZ), dem Bremer Weltladen und der Bremer Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft drei Forderungen an die Kraft-Foods-Niederlassung in Bremen gerichtet: Einen „seriösen“ Preis für den Sack Kaffee, die Einhaltung von Qualitätsstandards der Internationalen Kaffeeorganisation (ICO) und die Abnahme von bis zu fünf Prozent Kaffeebohnen aus fairem Handel. Zur gleichen Zeit mussten sich unter anderem die Kraft-Foods-Firmensitze in London, Amsterdam, Madrid und Melbourne mit diesen Forderungen auseinander setzen.

Mit derzeit etwa 49 Cent für ein Pfund Kaffee decke der Weltmarktpreis die Produktionskosten, die bei rund 92 Cent lägen, bei weitem nicht, sagte Jörn Kalinski von Oxfam Deutschland. Damit habe der Kaffeepreis den tiefsten Stand seit 100 Jahren erreicht, sagte Kalinski. Die Folge: Etwa 25 Millionen Kaffeebauern stünden vor dem Ruin. Der Grund dürfte vor allem das Überangebot an Rohkaffee auf dem Weltmarkt sein, nicht nur Oxfam spricht von einer regelrechten Kaffeekrise.

Wie diese zu lösen sei, darin sind sich Menschenrechtsvertreter und der Kraft-Konzern uneinig. Ein „seriöser Preis“ setze sich aus der Qualität der Ware und dem Angebot zusammen, sagt Stephan Becker-Sonnenschein, Unternehmenssprecher von Kraft-Foods Deutschland zu den Oxfam-Forderungen. Ansonsten gilt für ihn: „Der Markt regelt alles.“ Dem Vorschlag von Menschenrechtsorganisationen, Kaffee zu vernichten, der mangelhafte Qualität aufweist, wollte er nicht folgen. Früher sei dieser Teil der Ernte nicht in den Verkauf gelangt, heute verursache er das Überangebot mit, so Jörn Kalinski. Ein verändertes Produktionsverfahren in der Kaffeeherstellung mache das möglich: Die VerbraucherInnen würden den Unterschied nicht mehr schmecken.

Eine künstliche Kaffeeknappheit könnte eine Spirale auslösen, so dass die Bauern noch mehr Bohnen auf den Markt zu bringen versuchten, befürchtet dagegen Becker-Sonnenschein.

Einig sind sich Kraft und Oxfam darin, dass sie zusammen mit der ICO und der Weltbank bei einem eintägigen Symposium Mitte Mai in London Lösungen aus der Krise suchen wollen. Auch ein gemeinsamer Verhaltenskodex soll verabschiedet werden: für ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit im Kaffeeanbau.

Unterdessen haben der US-amerikanische Senat und das Repräsentantenhaus sowie das euopäische Parlament Resolutionen zur Lösung der Krise verabschiedet. Sie machen sich für das Qualitätsverbesserungsprogramm der Internationalen Kaffeeorganisation (ICO) stark. Darüber hinaus fordert das europäische Parlament, dass mindestens ein Teil der elf Milliarden Euro, die die Europäische Kommission für entwicklungspolitische Zwecke ausgeben kann, zur Linderung der akuten Krise der Kaffeebauern genutzt werden.

Am gleichen Tag des weltweiten Protestes gegen Kraft-Foods fand die Jahreshauptversammlungen der AktionärInnen in New Hannover (New Jersey, USA) statt. Dort konnten sich die AnlegerInnen über eine Steigerung des Nettogewinns von satten 80 Prozent freuen, mit der eine deutliche Dividendensteigerung einhergeht.

Ulrike Bendrat