Live aus dem Café Gnosa

SPD-Wahlkampf mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit in den Schwulenkneipen von St. Georg. Spitzenkandidat Thomas Mirow weist Vorwurf des Ressentiments gegen Homosexualität von Ole von Beust zurück

von PETER AHRENS

Der Regierende greift erst mal zum Glas. „Ich habe ja einen gewissen Ruf zu pflegen“, witzelt Klaus Wowereit, und kippt sich den Kir Royal herunter, ohne mit der Wimper zu zucken. Thomas Mirow steht neben dem Berliner Bürgermeister und nippt an seinem Bierglas. Am Ende des Abends wird es immerhin halb leer sein. Dies ist nicht die Umgebung, in der sich ein Thomas Mirow naturgemäß wohl fühlt, aber die schwule Gemeinde ist eine zahlenmäßig beachtliche Zielgruppe im Wahlkampf, und da zieht der SPD-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl denn auch schon mal im Schlepptau des partytauglichen Berliner Bürgermeisters durch die Kneipen von Hamburgs Schwulenviertel St. Georg.

Hauptsache: Im Bild

Organisiert haben dies die Hamburger Schwusos um ihren Bürgerschaftskandidaten Lutz Kretschmann, und Wowereit kennt das bereits. Schon im Bundestagswahlkampf vor zwei Jahren zog der Gast aus Berlin einen Medientross hinter sich her von Theke zu Theke. Wowereit kommt rein, sagt ein paar aufmunternde Worte über den „Satz, den ich da mal gesagt habe“, trinkt ein oder zwei Bier, und weiter gehts. Zwischendurch sendet der NDR eine Live-Schaltung aus dem Café Gnosa. Der Schattengesundheitssenator der SPD, Matthias Petersen, versucht sich hinter Wowereit ins Fernsehbild zu drängen, Mirow sagt ein, zwei freundliche Worte in die Kamera, mittlerweile ist er zum Wasser übergegangen.

Der Kandidat trachtet derweil den Eindruck zu verwischen, er habe Bürgermeister Ole von Beust wegen dessen Homosexualität angegriffen. Der SPD-Politiker hatte am Wochenende auf dem Familienfest seiner Partei dem Bürgermeister fehlendes Engagement bei der Familienpolitik attestiert, weil ihm die persönliche Betroffenheit zu diesem Thema fehle. Dies als Ressentiment gegen von Beusts Schwulsein zu verstehen, sei „Brunnenvergiftung“, so Mirow.

„Herzhaft gelacht“ habe er dagegen über die Anwürfe der FDP gegen seine Person: Deren Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen hatte ein Wahlkampffoto Mirows im Kreis von acht weiblichen Models als subtile Attacke gegen den schwulen von Beust gewertet. Wowereit macht einen Vorschlag zur Güte: Mirow könne sich doch auch „hier und jetzt mit acht schicken Jungs fotografieren lassen“, aber das will Mirow denn doch nicht.

„Eine Form von Bigotterie“

Wowereit merkt wohl, dass sein Gastgeber ein bisschen Wahlhilfe notwendig hat und legt sich entsprechend ins Zeug: „Es ist nicht diskriminierend, einen schwulen Politiker nicht wiederzuwählen“, sagt er. Er sei „von Journalisten in der Vergangenheit immer wieder provoziert worden, etwas zu Ole von Beust zu sagen“, das habe er stets verweigert, weil er großes Verständnis habe, wenn jemand das als seine Privatsache betrachte. Doch „wenn der Justizsenator Roger Kusch im Bundesrat gegen die Magnus-Hirschfeld-Stiftung wettert und im Publikum alle grinsen, weil sie im Kopf Assoziationen haben, dann ist das schon eine besondere Form der Bigotterie.“ Das gibt heftigst Beifall.

Der Abend wird später, die Karawane ist bei der Endstation in der G-Bar angekommen, der DJ gibt sein Bestes, und Klaus Wowereit ist noch lange nicht müde. Thomas Mirow ist da schon nicht mehr dabei.