Peter Strieder rechtfertigt sich

Tempodrom: Ausgerechnet die PDS, zuletzt Strieder-kritisch, verteidigt im Parlament den SPD-Chef am heftigsten gegen die Opposition. Grüne und CDU sagen dem Bausenator seinen Sturz voraus

von STEFAN ALBERTI

Vielleicht hatten ihm Juristen dazu geraten. Vielleicht war es seine eigene Idee. In jedem Fall ist es eigenartig, was sich an diesem Donnerstagnachmittag im Abgeordnetenhaus abspielt. Ein SPD-Senator Peter Strieder, der nicht wie sonst witzelt, höhnt, zynisch ist, zu Wortspielen greift. Der stattdessen fast eine halbe Stunde eine elfseitige Rechtfertigung zum Tempodrom verliest. Und ein Plenum samt Opposition, die das schweigend, fast ohne jeden Zwischenruf über sich ergehen lässt. Strieders Botschaft: Das Tempodrom war kein Strieder-Bau, sondern Konsens in Berlin und im Sinne des Landes.

Zumindest vorher, am Rednerpult, haben CDU, FDP und Grüne ausgeholt, gewütet. Unionsfraktionschef Nicolas Zimmer sieht keine Tempodrom-Affäre, er sieht eine „Affäre von Filz und Korruption“, gar einen „Strieder-Skandal“. Beweise? Die legt Zimmer nicht vor.

Für ihn – der Anwalt ist und damit eigentlich mit der Unschuldsvermutung vertraut – ist der Senator und SPD-Landeschef schon verurteilt, bevor der gestern eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss zum ersten Mal tagt. „Hochmut kommt vor dem Fall“, sagt Zimmer in Richtung Strieder, „und Ihr Fall wird tief werden, und mit Ihnen trifft es den Richtigen.“ Ein Politiker mit einem Mindestmaß an Anstand wäre längst zurückgetreten, meint er.

Weniger scharf, aber inhaltlich gleich sagt es der Grüne Wolfgang Wieland, im Oktober 2001 bei der umstrittenen Tempodrom-Rettungsaktion Justizsenator: „Ich glaube nicht, dass Sie das politisch überleben werden.“ Auch vermeintliche Halbgötter könnten stürzen, „und ich denke, lange wird es bis dahin nicht mehr sein“.

Doch nicht allein um Strieder geht es in den gegenseitigen Anwürfen. Nein, der FDP-Fraktionschef führt seinen Kleinkrieg gegen den Grünen Wieland fort, den die beiden am Montagabend in der RBB-Sendung „Berliner Platz“ begannen. Schier noch in Schutz nimmt Lindner Strieder: Die Grünen würden versuchen, alle Verantwortlichkeit auf den Senator abzuschieben.

Für naiv hält er die jüngsten Aussagen Wielands, die Grünen hätten sich im Herbst 2001 bei den kritisierten Pachtverträgen des Tempodroms auf Peter Strieder als Fachsenator verlassen. Ein Leichtes wäre es doch für Wieland als damaligen Justizsenator gewesen, sämtliche Papiere selbst zu sehen. Lindner: „Sie wollten glauben, Peter ließ Sie glauben, und dann haben Sie auch geglaubt, was Sie glauben wollten.“

SPD-Fraktionschef Michael Müller geht für den Senator und die Sozialdemokraten in Stellung, doch Strieders beste Verteidigung kommt aus einer unerwarteten Ecke. Carl Wechselberg, der Finanzexperte der PDS, redet das Tempodrom runter zu einem „klassischen Fall aus der Reihe der Sanierungsfälle, die der rot-roten Koalition hinterlassen worden sind. Dabei war beim Koalitionspartner noch vor ein paar Tagen deutlicher Unmut über Strieder zu hören. Fraktions- und Parteichef Stefan Liebich sorgte sich gar um den von Rot-Rot propagierten Mentalitätswechsel.

Da kommt Wechselberg deutlich netter daher. Eine „klein karierte parteipolitische Kampagne“ nennt er die Kritik der CDU. „Nicht einmal ansatzweise“ sei zu erkennen, dass Entscheidungen käuflich gewesen seien. Das aber unterstelle, wer wie die CDU das Ja zur Tempodrom-Rettung im Oktober 2001 wegen der zeitlichen Nähe mit einem Sponsoring der SPD-Wahlparty verbinde. „Wir gehen nicht davon aus, dass Rot-Grün eine millionenschwere Hilfe zum Fertigbau des Tempodroms bewilligt hat, weil der SPD noch ein Sponsor für das Catering fehlte.“