Ausnahme Alba funktioniert nicht mehr

Mit einer Niederlage im letzten Spiel und dem Ausscheiden aus der EuroLeague als Gruppenvorletzter rundetder deutsche Basketballmeister Alba Berlin die internationale Erfolglosigkeitsbilanz der Bundesligisten ab

BERLIN taz ■ Freiwürfe sind eindeutig nicht die Stärke von Dalibor Bagaric. Doch als der Center von Olympiakos Piräus 0,8 Sekunden vor Schluss der EuroLeague-Partie bei Alba Berlin an der Linie stand, da ahnte wohl jeder der 5.084 Zuschauer in der Max-Schmeling-Halle, dass diese beiden im Korb landen würden. Zu gut passte dieses Ende zu einer europäischen Basketball-Saison der Gastgeber, in der das meiste schief ging. So war es dann auch: Mit 70:71 verloren die Berliner ihre letzte Partie in der Gruppe C, wo sie nie zu konstanten Leistungen in der Lage waren und von 14 Spielen nur drei gewannen. Schwach waren die Berliner auch in die Partie gegen Piräus gestartet, hatten dann im dritten Viertel aber plötzlich aufgetrumpft. Sekunden vor Schluss führten sie 70:69 und, wie erhofft, setzte ein Olympiakos-Spieler den letzten Wurf auf den Korbrand. Wer den Rebound bekam, war völlig egal, weil keine Zeit mehr blieb, doch Petrovic’ unseliges Foul besiegelte doch noch die Niederlage. Irgendwie typisch.

Während Piräus sich trotz eines 0:5-Starts für die Runde der letzten 16 qualifizierte, wurde Alba mit seiner schlechtesten Europaliga-Bilanz überhaupt Vorletzter. Nur Asvel Villeurbanne war mit zwei Siegen, einer gegen Alba, noch erfolgloser. Wie weit die Berliner vom Weiterkommen entfernt waren, zeigt das Beispiel von Slask Wroclaw. Die Polen gewannen immerhin sechs Partien und scheiterten dennoch. Gruppensieger wurde Efes Istanbul, obwohl die Türken das abschließende Basketballfest bei Pamesa Valencia mit 103:107 nach Verlängerung verloren. Dabei hatten die Gastgeber ein perfektes erstes Viertel mit hundertprozentiger Trefferquote aus dem Feld und von der Freiwurflinie hingelegt, und das Publikum in Valencia war so begeistert von dem Match, dass es sogar Istanbuls Ender Arslan mit einer Ovation verabschiedete, als der nach seinem fünften Foul vom Feld musste. Zuvor hatte Arslan mit 25 Punkten und 11 Assists geglänzt.

Just gegen Efes Istanbul hatte Alba Berlin einen seiner drei Siege geschafft und dabei bewiesen, dass es trotz seines geringen Etats von etwa vier Millionen Euro an guten Tagen auch mit den besten Basketball-Teams mithalten kann. „Das Potenzial ist da“, konstatiert Trainer Emir Mutapcic, nur ausgeschöpft wird es selten. Sehr wohl beim begeisternden Erfolg gegen den spanischen Tabellenführer Tau Vitoria, ein weiteres Euro-Highlight. Da erinnerte die Mannschaft an das alte Berliner Team, das sich mit Coach Svetislav Pesic in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre Respekt verschafft hatte. Damals wurde Alba in Europa zum Synonym für deutschen Vereinsbasketball und erhielt zeitweise sogar einen garantierten Platz in der Europaliga, unabhängig davon, ob man nationaler Meister wurde.

Diese Zeiten sind vorbei. Die Meisterschaft ist unerlässlich, um nächste Saison einen neuen Anlauf in der EuroLeague nehmen zu können, internationale Graumäusigkeit droht. Der Respekt der Teams, die gegen Alba anzutreten haben, ist deutlich gesunken, der Heimnimbus dahin. Zwar wurden alle drei Siege in eigener Halle geschafft, aber vier Heimspiele gingen verloren, darunter mit dem Debakel gegen Wroclaw gleich das erste, Anfang vom Ende.

Dies ist der wesentliche Unterschied zu besseren internationalen Zeiten. Damals wurden zumindest zu Hause die Aufgaben gegen die schwächeren Gruppengegner relativ zuverlässig gelöst und häufig genug auch die Favoriten niedergerungen, während man auswärts gelegentliche Coups landete. Genau daran hatte man eigentlich anknüpfen wollen, nachdem schon die letzten beiden Europaligajahre jeweils nach der Vorrunde beendet waren. Mit der Verpflichtung von John Best, Vladimir Petrovic und Szymon Szewczyk hoffte Alba, die nötige Toughness für eine Europaliga zu erlangen, die sich zuletzt stark gewandelt hat.

Die fetten Jahre sind vorbei, sowohl die EuroLeague als auch die großen südlichen Klubs leiden unter finanziellen Problemen und Zuschauerschwund. Der Aderlass Richtung Amerika sorgt dafür, dass viele attraktive Superstars fehlen, denn die rund 30 besten Europäer spielen inzwischen in der NBA. Auch Klubs wie Barcelona, Piräus, Panathinaikos Athen, Bologna oder Treviso, wo früher wenige Cracks mit fetten Verträgen den Gehaltsetat auffraßen und dafür die Reservespieler oft deutlich abfielen, sind nun darauf angewiesen, sich solide, homogene Teams zusammenzustellen. So hat die Mannschaft von Piräus heute nichts mehr mit dem stargespickten Ensemble zu tun, das noch vor einigen Jahren in die Max-Schmeling-Halle kam. Die Spielräume für finanzschwache Klubs, mit geschicktem Management wertvolle, mannschaftsdienliche Spieler zu holen und diese auch zu halten, werden enger.

Svetislav Pesic sieht die Ursachen für Albas europäische Stagnation allerdings in einem anderen Bereich. Für den Serben, jetzt mit dem FC Barcelona Europas Champion, hatte die Europaliga auch in Berlin stets Priorität, klares Ziel waren Final Four und, warum nicht, der Titel. Der gern vorlaute Pesic sagte den Berlinern während der laufenden EuroLeague-Saison Kleinmut nach, da sie nur die Top-16 im Visier hätten. Eine solche visionslose Haltung würde das Scheitern schon in sich bergen. Die Alba-Verantwortlichen reagierten empört auf die Anwürfe ihres Ex-Trainers und verwiesen auf die Realität. Nicht ganz zu Unrecht. Die Bundesliga ist zwar ausgeglichener und spannend geworden, die komplette Erfolglosigkeit der deutschen Klubs im Europacup jedoch geblieben. Und die Ausnahme Alba Berlin funktioniert nicht mehr. Das dritte deutliche Vorrunden-Aus in Folge lässt den Gedanken an eine Final-Four-Teilnahme jedenfalls so wahrscheinlich erscheinen wie einen Auftritt von Hertha BSC im Champions-League-Finale.

MATTI LIESKE