ARGENTINIEN TUT GUT DARAN, SEINE SCHULDEN NICHT ZU BEZAHLEN
: Keine Rendite ohne Risiko

Jetzt kam auch noch Hans Eichel. Finanzminister der G-7-Länder landen derzeit im schnellen Wechsel in Argentinien, um Präsident Néstor Kirchner aufzufordern, seine Schulden endlich zu bezahlen. Vergebens. Und das ist auch gut so.

Denn ein Staat ist keine Firma. Wenn eine Firma Konkurs anmeldet, werden ihre Maschinen, Immobilien und Dienstwagen verkauft, um die Schulden der Firma zu begleichen. Geht ein Staat pleite, dann verhält sich dies anders: Man kann nicht einfach ein Schild davor hängen: „Ab heute geschlossen“, den Präsidentenpalast versteigern und die Gehwege verkaufen, um die Gläubiger auszuzahlen. Der Staat besteht auch noch nach dem Bankrott fort, und er hat auch weiterhin soziale Pflichten zu erfüllen, er muss eine Verwaltung finanzieren und die Sicherheit der Bevölkerung garantieren – auch wenn das Geld fehlt. Daher darf der bankrotte Staat keine Rücksicht auf die Gläubiger nehmen.

Das Interesse eines Staates muss schwerer wiegen als die Interessen von Anlegern. Deshalb hat Präsident Kirchner Recht, wenn er nun auch Eichel abblitzen ließ. Würde er mehr bezahlen, würde er Argentiniens Wirtschaftswachstum gefährden, er würde die soziale Schuld im Land vernachlässigen – und das hat das Land schon viel zu lange getan.

Im Übrigen: viel Zins, viel Risiko. Wer Anleihen eines Staates kaufte, die 10 bis 12 Prozent Zinsen abwarfen – kurz vor dem Bankrott sogar mehr –, der wusste, worauf er sich im globalen Kasino einließ. Statt die argentinische Regierung zu verklagen, weil sie versucht, ein wirtschaftlich daniederliegendes Land wieder aufzubauen, sollten die Kleinanleger unter den Investoren besser ihre Banken verklagen. Die wussten nämlich genau, dass Argentinienanleihen mit einem hohen Risiko behaftet waren. Nicht immer haben sie ihre Kunden darüber informiert, als sie ihnen die Titel mit hohen Renditeversprechen angedreht. Und überhaupt: Auch Käufer der Telekom-Aktie fühlten sich einst geprellt – und kein Finanzminister reiste an, um ihre Forderungen bei den Managern einzuklagen.

INGO MALCHER