Schweden ermittelt gegen Aceh-Exilanten

Nach Druck aus Indonesien eröffnet Schwedens Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen Exilregierung

STOCKHOLM taz ■ Viermal in den letzten drei Jahren ist Jakarta in Stockholm vorstellig geworden. Vergebens. Doch in dieser Woche eröffnete die Staatsanwaltschaft nun doch ein Ermittlungsverfahren gegen die in Schweden lebende Exilregierung von Aceh. Diese kämpft für die Unabhängigkeit der im nördlichen Sumatra liegenden Provinz von Indonesien und führt nach Meinung der Regierung in Jakarta die etwa 5.000 bewaffneten Rebellen der „Bewegung freies Aceh“ (GAM). Jakarta macht sie für Terroraktionen verantwortlich.

Nach dem Besuch einer indonesischen Regierungsdelegation im letzten Juni – damals wertete Stockholm die angeblichen Beweise als „nicht überzeugend“ – war der schwedischen Staatsanwaltschaft im Herbst ein über 1.000-seitiges Dossier überlassen worden. Dies veranlasste Oberstaatsanwaltschaft Tomas Lindstrand jetzt ein förmliches Verfahren zu eröffnen. In Zusammenarbeit mit der indonesischen Justiz will er in dem südostasiatischen Land demnächst einige Zeugen verhören, vor allem gefangene GAM-Mitglieder. Seit dem 19. Mai führt das indonesische Militär in Aceh eine Großoffensive durch.

Abdullah Zaini, Außenminister der Exilregierung und Arzt in Stockholm, weist die Anschuldigungen zurück: „Wir haben nichts mit irgendwelchen Terrortaten zu tun. Wir wollen Aceh befreien und keine Menschen töten.“ Zur Art der Verbindungen zu den GAM-Kämpfern wollte er sich allerdings nicht äußern. „Ministerpräsident“ Malik Mahmud hatte den Kontakt vor einigen Monaten als „sehr, sehr eng“ bezeichnet. Mit islamischem Fundamentalismus habe man aber nichts zu tun.

Dass die Exilregierung Acehs in einem Vorort Stockholms zu Hause ist, liegt daran, dass der mittlerweile 80-jährige Prinz Hasan di Tiro, Thronfolger der letzten Sultan-Dynastie von Aceh, hier 1979 politisches Asyl fand. Seitdem sammelte sich eine rund 50-köpfige Kolonie um den Prinzen. Da fast alle Mitglieder der Exilregierung inzwischen schwedische Staatsbürger sind, käme bei einem Verfahren allerdings keine Auslieferung an Indonesien, sondern allenfalls ein Prozess vor einem schwedischen Gericht in Frage.

REINHARD WOLFF