Eichel macht Druck auf Argentinien

Bundesfinanzminister setzt sich für deutsche Kapitalanleger ein und kritisiert die Abwertung alter argentinischer Staatsanleihen auf 25 Prozent als „ungewöhnlich hart“. Buenos Aires solle seine Zinszahlung schnellstmöglich aufnehmen

AUS BUENOS AIRES INGO MALCHER

Mehr Flexibilität beim Verhandeln ihrer Auslandsschulden hat Bundesfinanzminister Hans Eichel von der argentinischen Regierung gefordert. Nach einem anderthalbstündigen Treffen mit dem argentinischen Präsidenten Néstor Kirchner und dem argentinischen Wirtschaftsminister Roberto Lavagna sagte Eichel am Mittwochabend in Buenos Aires: „Die Phase, in der Argentinien seine Schulden nicht bedient, dauert schon zu lange.“ Argentinien hatte sich im Januar 2002 zahlungsunfähig gemeldet und seither seine privaten Anleiheschulden in Höhe von 88 Milliarden Dollar nicht bedient.

Der Vorschlag der argentinischen Regierung, die Schuldzahlungen mit einem Abschlag von 75 Prozent wieder aufzunehmen, hat zu starker Kritik seitens der Anleger geführt. Auch Eichel bezeichnete dieses Angebot Argentiniens bei einem Abendessen der Deutsch-Argentinischen Industrie- und Handelskammer als „ungewöhnlich hart“. Je länger Argentinien damit zögere, den Schuldendienst wieder aufzunehmen, umso schwerer würde dies werden, so Eichel. Dabei sind nach Ansicht Eichels die Bedingungen für eine Aufnahme der Zahlungen an die privaten Gläubiger derzeit sehr gut. Die Zinsen seien weltweit sehr niedrig und es fließe reichlich Kapital in die Emerging Markets.

Argentinien ist seit seiner Zahlungsunfähigkeit von den internationalen Finanzmärkten praktisch abgeschnitten. Zahlreiche Gläubiger-Organisationen versuchen Druck auf Argentinien auszuüben, seine Schulden zu bezahlen, und in den USA hat ein New Yorker Richter bereits die Beschlagnahme argentinischer Besitztümer ermöglicht. „Mir liegt daran, diesen Konflikt nicht eskalieren zu sehen“, so Eichel in Buenos Aires. Im Übrigen würde Argentinien in Zukunft Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten brauchen. Präsident Néstor Kirchner hatte am Dienstag in der nördlichen Provinz Jujuy bei einer Kundgebung angekündigt, sich von den Gläubigern nicht unter Druck setzen zu lassen, und sein Angebot von einem Abschlag von 75 Prozent von der Schuldsumme bekräftigt. Er macht geltend, dass er zunächst die soziale Schuld im Land tilgen will und Sozialhilfe- und Anti-Armuts-Programme finanzieren muss.

Der deutsche Bundesfinanzminister lobte die wirtschaftliche Erholung Argentiniens nach der Krise und die Arbeit von Präsident Kirchner und seinem Wirtschaftsminister Roberto Lavagna. Das Land habe unter der Regierung „deutliche Fortschritte gemacht“, so Eichel. Allerdings stünden noch einige dringende Reformen an. So sei eine Kapitalisierung des Bankensystems dringend erforderlich, da es vielen Banken in Argentinien an Liquidität fehle. Auch solle Argentinien die Gunst der Stunde nutzen und eine starke Bankenaufsicht schaffen.

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