Sexuelle Gewalt im Kongo

Den Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen begehen die Vereinten Nationen seit 1999 jedes Jahr am 25. November. Er erinnert an drei Schwestern aus der Dominikanischen Republik, die am 25. November 1960 nach monatelanger Folter ums Leben kamen. Lateinamerikanische Frauengruppen hatten den 25. November 1981 zum internationalen Gedenktag ausgerufen. Gewalt gegen Frauen in bewaffneten Konflikten und sexuelle Kriegsverbrechen sind an diesem Tag im Fokus der Aktivitäten der UNO und anderer Organisationen. Dabei spielt die Demokratische Republik Kongo eine besonders wichtige Rolle, weil dort nach Schätzungen vier Fünftel aller Vergewaltigungen im Krieg weltweit begangen werden.

„Die Gräueltaten sind von einer unvorstellbaren Brutalität, die weit über Vergewaltigung hinausgeht, erklärte die UN-Sonderbeauftragte Yakin Ertürk am 27. Juli 2007 im Kongo. „Vergewaltigung und sexuelle Versklavung sind der Kern dieser Gräuel, die auf die physische und psychische Zerstörung der Frauen zielen.“ Frauengruppen im Ostkongo machen vor allem die in den Kongo geflohenen Reste ruandischer Hutu-Milizen dafür verantwortlich. Aber auch Kongos Armee und Polizei, lokale bewaffnete Gruppen und Zivilisten schrecken davor nicht zurück.

Dank der internationalen Diskussion darüber sind im Osten Kongos zahlreiche Strukturen entstanden, die den betroffenen Frauen beistehen. Große Krankenhäuser in den Provinzhauptstädten Goma und Bukavu behandeln die Opfer; Frauenteams werden in entlegene Dörfer entsandt, um Vergewaltigungsopfer einer Betreuung zuzuführen. Kongos Staat unterstützt offiziell diese Bemühungen. Immerhin gilt Vergewaltigung nun als Verbrechen, und die Justiz nimmt Anzeigen entgegen.

Dennoch bleibt Vergewaltigung ein Massenphänomen. Offiziell wurden zwischen Januar und September 2008 im Kongo 3.500 sexuelle Übergriffe gezählt; die wahre Zahl liegt bei 100.000, erklärte gestern die Gesellschaft für bedrohte Völker. 60 Prozent der Opfer seien Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren. Aufgrund der verbreiteten Vergewaltigungen seien heute 30 Prozent der Frauen im Ostkongo HIV-positiv.

Seit dem Ausbruch neuer Kämpfe im Ostkongo Ende August steigt die Anzahl sexueller Übergriffe wieder. Im Krankenhaus von Heal Africa in Goma wurde vor dem Konflikt täglich durchschnittlich eine vergewaltigte Frau eingeliefert; heute sind es jeden Tag vier bis fünf, erklärte jetzt der Evangelische Entwicklungsdienst. Am meisten Vergewaltigungen gab es beim Rückzug plündernder Regierungssoldaten aus den Städten Goma und Kanyabayonga. D.J.