Haft für Kriegsgegner?

Spaniens Regierung plant, Demonstrationen gegen den Krieg mit Haft zu bestrafen. Minister dementiert

MADRID taz ■ Spaniens Verteidigungsministerium bereitet sich auf den nächsten Krieg und die nächsten Proteste vor: „Wer während eines internationalen bewaffneten Konfliktes, an dem Spanien teilnimmt, öffentliche Handlungen mit dem Ziel durchführt, diese Intervention in Verruf zu bringen, wird mit bis zu sechs Jahren Haft bestraft“, heißt es in einem Gesetzentwurf, den die spanische Zeitung El País öffentlich machte. Mit der gleichen Strafe muss rechnen, „wer falsche Informationen oder Nachrichten mit dem Ziel in Umlauf bringt, die Moral der Bevölkerung zu schwächen oder die Illoyalität und das Fehlen von Kampfgeist bei den spanischen Militärs zu schüren“.

Wird der Entwurf zum Gesetz, würden die Militärrichter erstmals seit dem Tod von Diktator Francisco Franco 1975 wieder ihre Kompetenz ausweiten. Auch im bisherigen Gesetz wird Defätismus bestraft. Allerdings ist dort vom Kriegsfall die Rede. Der im Gesetzentwurf gewählte Ausdruck „bewaffneter Konflikt“ wurde mit Bedacht gewählt, um das Kriegsrecht auch in den Zeiten bewaffneten Eingreifens ohne offizielle Kriegserklärung anwenden zu können.

Die sozialistische Opposition sieht Spanien auf dem „Weg zurück in dunkelste Zeiten.“ Und die katalanischen Nationalisten bezweifeln, dass ein solches Gesetzeswerk überhaupt mit der Verfassung vereinbar ist.

Spaniens Verteidigungsminister Federico Trillo will von dem Werk seines Stabes nichts gewusst haben. „Ich habe davon aus der El País erfahren“, erklärt er sichtlich verstört. „Für diese Legislaturperiode planen wir keine Kriegsrechtsreform“, will er beschwichtigen.

Ob er nach den Wahlen im kommenden Jahr seinen Posten weiter innehat, ist recht unsicher. Denn seit Spanien im Irakkrieg die Alliierten unterstützt, befinden sich die Sympathiewerte der regierenden Konservativen unter José María Aznar im freien Fall. REINER WANDLER