USA kündigen Haiti-Friedensplan an

Der Plan soll heute in Port-au-Prince Regierung und Opposition vorgelegt werden. Er sieht eine Beteiligung der Opposition an der Macht vor. Ein Rücktritt von Präsident Aristide wird nicht verlangt, aber indirekt begrüßt. Der will lieber sterben

AUS SANTO DOMINGO HANS-ULRICH DILLMANN

Die US-Regierung hat einen Plan zur Beilegung der Krise in Haiti angekündigt. Außenminister Colin Powell sprach von einem „tragfähigen Konsens“ mit der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), der UNO, Frankreich und Kanada. Der Plan solle am Samstag über die US-Botschaft in Port-au-Prince Präsident Jean-Bertrand Aristide und der Opposition vorgelegt werden, sagte Powell im ABC-Radio.

Aristide werde nicht zum Amtsverzicht gedrängt. Powell ließ jedoch erkennen, dass die USA dessen Rücktritt in einem verfassungsgemäßen Verfahren nicht behindern würden. Aristide sei laut Verfassung „noch einige Zeit“ Präsident. Sollte jedoch eine andere Vereinbarung getroffen werden, „ist das gut“. Laut Powells Sprecher Richard Boucher stützt sich der Plan auf Positionen der Karibischen Gemeinschaft Caricom. Dies sind eine Entwaffnung der Milizen, die Freilassung politischer Gefangener und die Einsetzung eines Ministerpräsidenten in Abstimmung mit der Opposition. Der neue Regierungschef würde Aristide bis zum Ende von dessen Amtszeit im Februar 2006 begleiten.

Aristide verkündete derweil, lieber sterben zu wollen, als sein Amt aufzugeben. „Ich bin bereit, mein Leben zu opfern, wenn dies zur Verteidigung meines Landes nötig ist“, erklärte er in Port-au-Prince. Ein Nachgeben wäre ein Sieg des Terrorismus. Dem mexikanischen Blatt Reforma erklärte Aristide, seine Sorge gelte nicht seinem Leben, sondern dem der acht Millionen Einwohner des Landes: „Es gibt 153.000 Haitianer, die von den Terroristen in Gonaïves als Geiseln festgehalten werden.“ Um den Frieden zu sichern, sei er bereit den Caricom-Vorschlag zu akzeptieren, Mitglieder der Opposition an einer neu zu bildenden Regierung zu beteiligen. Die Opposition fordert jedoch weiter seinen Rücktritt (siehe Interview).

Washington forderte inzwischen alle US-Bürger auf, Haiti zu verlassen. Auf Bitte des US-Botschafters in Port-au-Prince soll am Samstag eine kleine Militärdelegation nach Haiti reisen und offiziell die Sicherheitslage der Botschaft vor Ort untersuchen.

Nach Information der „Revolutionären Widerstandsfront“ in Gonaïves hat der frühere Polizeichef von Cap Haïtien, Guy Philippe, das Kommando über alle Militäroperationen der Rebellen übernommen. Als Chef der neu gegründeten „Befreiungsfront für den Nationalen Wiederaufbau“ (FLRN) soll Philippe mit 300 Rebellen Aristide aus seinem Amtssitz vertreiben. Die Aufständischen haben die Polizei inzwischen aus mehr als einem Dutzend Städten und Ortschaften vertrieben. Am Donnerstag wurde laut haitianischer Nachrichtenagentur die Grenzstadt Ouanaminthe von Rebellen überfallen. Laut des dominikanischen Nachrichtensenders „Cadena de Noticias“ (CDN) seien die Aufständischen jedoch unmittelbar danach wieder verschwunden. In der zweitgrößten Stadt Cap Haïtien sollen bewaffnete Anhänger Aristides Straßensperren errichtet haben.

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