Clement lässt SPD links liegen

Mit seinem überraschenden Parteiaustritt schlägt Wolfgang Clement die SPD ein letztes Mal vor den Kopf. Die Genossen hatten bis zuletzt gehofft, sie könnten den Eklat mit einer Rüge vermeiden. Die FDP nehme den Exwirtschaftsminister gern auf

AUS BERLIN STEFAN REINECKE

Die SPD-Spitze hatte sich alle Mühe gegeben, damit Wolfgang Clement in der SPD bleibt. Noch Montagabend schien die Affäre, die der Partei seit acht Monaten zusetzt, endlich an ein gutes Ende gekommen zu sein. Die Bundesschiedskommission hatte gegen einen Parteiausschluss von Clement votiert und es, wie von der SPD-Spitze erhofft, bei einer folgenlosen Rüge belassen. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil lobte das Urteil als „angemessen und vernünftig“. Und meinte: „Wolfgang Clement ist weiterhin Mitglied der SPD.“

Das war ein Irrtum. Denn gut zwölf Stunden später erklärte Clement seinen Austritt aus der SPD. Drei Gründe, so Clement, waren ausschlaggebend. Die Rüge sei eine „Drangsalierung seiner Meinungsfreiheit“. Außerdem ziehe die SPD keinen klaren Trennungsstrich zur Linkspartei, zudem betreibe sie eine Wirtschaftspolitik, die auf „eine Deindustrialisierung des Landes hinauslaufe“.

Die SPD-Zentrale, das Willy-Brandt-Haus, war völlig überrascht von dieser Wendung. Parteichef Müntefering telefonierte mit Clement – doch es gab nichts mehr zu sagen. Müntefering Erklärung las sich entsprechend unterkühlt. „Es ist schade, dass Wolfgang Clement nicht weiter in der Partei mitarbeiten will. Platz wäre gewesen, zumal nach der vermittelnden Entscheidung der Bundesschiedskommission der SPD gestern. Aber nun wird es auch so gehen.“ Die SPD-Spitze hatte viel versucht, um diesen Eklat zu verhindern.

Ins Rollen gekommen war die Affäre, nachdem Clement in der Welt vor der Wahl in Hessen im Januar 2008 indirekt davor gewarnt hatte, die SPD-Kandidatin Andrea Ypsilanti zu wählen, weil deren konzernkritische Energiepolitik eine Gefahr für Deutschland sei. Die SPD landete in Hessen schließlich ganz knapp hinter der CDU – und manche Genossen meinten, dass die Partei ohne die Ratschläge des Exwirtschaftsministers vor Koch ins Ziel gegangen wäre. Brisant war Clements Äußerung auch, weil er im Aufsichtsrat einer Tochter des Atomkonzerns RWE sitzt.

Ortsvereine wollten den Exsuperminister wegen parteischädigenden Verhaltens ausschließen. Die erste Instanz beließ es bei einer Rüge für Clement, doch die zweite, die Landesschiedskommission NRW, entschied für einen Parteiausschluss. Das Medienecho war gewaltig, der Imageschaden für die SPD auch. Deshalb hatten viele in der Parteispitze auf ein mildes Urteil der letztinstanzlichen Bundesschiedskommission gehofft. So kam es, genutzt hat es nichts.

Die Reaktionen auf Clements Austritt fielen in der SPD teilweise harsch aus „Reisende muss man ziehen lassen“, meinte die SPD-Linke Andrea Nahles. Zerknirscht zeigte sich die SPD-Rechte. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, meinte: „Das ist eine völlig unpolitische Entscheidung und wohl Clements Naturell als Sturkopf geschuldet. Er schadet sich mehr selbst als der SPD.“ In NRW sind viele schlicht „stinksauer“, so der SPD-Politiker Edgar Moron, der Sympathie für Clements Energiepolitik hat. Die SPD-Chefin in NRW, Hannelore Kraft, sagte ratlos, Clements Austritt sei ihr „nicht erklärlich“.

Nordrhein-Westfalens FDP machte Clement das Angebot, zu ihr zu wechseln. Es gebe ein hohes Maß an inhaltlicher Übereinstimmung zwischen seinen Positionen und der FDP.