Einzelgänger-Club

Danzigs Kunst bildet keine Schulen, aber eine Gruppe: Acht Maler der „Galerie Koło“ zu Gast im Buntentor

Gibt es sie noch? Nationale Eigenarten, Regionalismen, Lokal-Kolorit – das sind feine Unterscheidungskriterien für die Kunstgeschichte und prima Anlässe für Ausstellungen. Beispiel: Eine Stadt hat eine Partnerstadt – Bremen hat Danzig. Das reicht bereits als Präsentationskonzept: Der Blick ist gepolt. Man wird typische Unterschiede bemerken. Und wenn nicht, wird man sie finden: Polen? Katholisch, konservativ – dort wird noch Wert auf traditionelle, zeitaufwändige Fertigung von Kunst gelegt. Danzig? Lenin-Werft, Wałesa,Widerstand – man wird sich auch nicht vom System des Marktes vereinnahmen lassen.

Die Städtische Galerie im Buntentor zeigt seit Samstag „Räume des Alltags – Danzig aktuell“. Das Label erfasst drei Künstlerinnen, fünf Künstler, der jüngste ist 1976 geboren, die meisten jedoch Anfang der 60er-Jahre. Katarzyna Józefowicz hat ihre große Karriere begonnen – mit ihrem beharrlich verfolgten ‚Teppiche‘-Projekt war sie im vergangenen Jahr zu Gast auf den wichtigen internationalen Kunstmessen. Auf Pappstreifen geklebte, aus Zeitschriften ausgeschnittene Personenfotos formen halb ein wogendes Feld, halb einen Fußabtreter. Die übrigen Gruppenmitglieder stehen noch am Rande des Kunstmarktes. Aber alle acht stellen in der Danziger Produktionsgalerie Koło aus.

Eine identitätsstiftende Gruppe? Keineswegs. Eine Koło-Handschrift ist nicht zu erkennen, und groß sind die qualitativen Unterschiede. Das Gefälle reicht von strenger konzeptioneller Malerei, über eine unpräzise Videoinstallation bis hin zum verspielten Fries: Die 1995 gegründete Galerie ist ein Club der Individualisten.

So – und das genau macht die Schau im Buntentor deutlich – fördert die Gruppe, mehr Korrektiv denn Kollektiv, eigenständige Profile. Ganz unabhängig von der Region.

Benno Schirrmeister