Nader kann es einfach nicht lassen

Der Demokratenschreck von 2000 kandidiert auch bei den kommenden Präsidentschaftswahlen in den USA. Doch vermutlich werden diesmal die Stimmen für den Unabhängigen nicht wahlentscheidend sein. Priorität hat die Abwahl Bushs

AUS BERLIN DAVID C. LERCH

Ralph Nader, der berühmte US-Verbraucheranwalt und Umweltschützer, hat seine Bereitschaft erklärt, auch bei der Präsidentschaftswahl 2004 als Kandidat anzutreten. Dieses Mal jedoch nicht für die Grünen, sondern als parteiloser Unabhängiger.

Dem Fernsehsender NBC begründete Nader sein Vorhaben mit den Worten: „Dieses Land hat mehr Probleme und Ungerechtigkeiten, als es verdient.“ Daher müsse er zur Wahl antreten.

Ein hohes Maß an pathetischem Idealismus ist im US-amerikanischen Politikgeschehen nichts Ungewöhnliches, zumal in Wahlkampfzeiten. Dennoch überrascht die Ankündigung des Vorzeigegrünen, weil sie anscheinend jeder wahlstrategischen Logik entbehrt.

Seit der Präsidentschaftswahl 2000, bei der Nader als Kandidat der Grünen antrat und insgesamt 2,7 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte, gilt der Vorwurf der Demokraten, Nader sei für die knappe Niederlage des ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore gegen George W. Bush verantwortlich. Besonders die entscheidende Abstimmung in Florida, wo Gore nur 537 Stimmen zum Sieg fehlten und für Nader über 90.000 Bürger votierten, gilt als Sündenfall der amerikanischen Linken.

Eine derartige Reduzierung der Gründe für die Niederlage Gores übersieht aber zum einen dessen wahlkampftaktische Fehler, zum anderen wird der Aspekt ausgeblendet, dass Nader andere Themen auf die politische Agenda brachte und damit auch zur Mobilisierung demokratischer Wähler beitrug.

Aufgrund der damaligen Erfahrung vermuteten zahlreiche politische Beobachter, eine „Spaltung“ wie im Jahr 2000 werde sich nicht wiederholen. Das gemeinsame Ziel, die Bush-Administration aus dem Weißen Haus zu vertreiben, schien prioritär zu sein. Zudem kursieren die Bitten ehemaliger Unterstützer von Nader, nicht anzutreten, seit Monaten durchs Internet.

Doch diesmal kann man davon ausgehen, dass die Kandidatur Naders nicht die gleiche Auswirkung auf den Wahlausgang haben wird. Drei Gründe sprechen dafür: Erstens stellt Nader selbst in der NBC-Sendung in Aussicht, seine Entscheidung zu überdenken, sollte sich herausstellen, dass er damit lediglich der Wiederwahl Bushs nütze. Zweitens wird Nader bei der voraussichtlichen Fokussierung des Wahlkampfes auf die Themen Außenpolitik und Wirtschaft und angesichts der unklaren Haltung der Grünen ein noch geringerer Wählerzuspruch als 2000 vorhergesagt. Drittens bleibt die Vermutung, dass wenn schon nicht Nader, dann zumindest seine Wähler aus der letzten Wahl gelernt haben.