Ein letzter Abschied für alte Stasi-Profs

Berlins PDS-Senator Flierl will zu Ehrung ungerechtfertigt geschasster DDR-Wissenschaftler auch IM-Spitzel einladen

BERLIN taz ■ „Von Rehabilitation ist mit keinem Wort die Rede.“ Das sagt Roland Bloch. Er ist der wissenschaftliche Leiter einer Studie, die derzeit den Hochschulbetrieb der Hauptstadt aufwühlt. Wissenschaftsenator Thomas Flierl (PDS) hat das 82-Seiten-Papier in Auftrag gegeben. Seit der Veröffentlichung denkt er laut darüber nach, suspendierten ehemaligen Ost-Professoren einen würdevollen zweiten Abschied zu spendieren.

Die Expertise der Uni Halle mit dem Titel „Die Ostberliner Wissenschaft im vereinigten Berlin“ empfiehlt ausdrücklich, den Wissenschaftlern eine Geste des guten Willens entgegenzubringen, um ihnen damit wieder Zugang zur regulären Wissenschaft zu ermöglichen. Einige hundert ehemalige Professoren der DDR führten eine Art wissenschaftliche Schattenexistenz in selbst gegründeten Instituten und Vereinen, sagt Bloch. Viele seien nach der Wende 1989 zu Unrecht ihrer Lehstühle verwiesen worden. „Um die geht es.“

Dass zu dem erwogenen Abschiedsfestakt auch ehemals professorale Stasi-Spitzel kommen, will Flierl nicht aktiv verhindern – was nicht nur CDU und FDP im Abgeordnetenhaus, sondern auch Koalitionspartner SPD aufbringt. Der Streit macht sich vor allem an der Person Heinrich Fink fest. Fink war 1990 bis 1992 Rektor der Humboldt-Uni, bevor er wegen seiner Tätigkeit als „IM Heiner“ des Amtes enthoben wurde. Das Landesarbeitsgericht Berlin hatte die Kündigung für rechtskräftig erklärt. Aber Fink ist auch ein Parteifreund Flierls. Er saß von 1998 bis 2002 für die PDS im Bundestag. Flierl wollte ihn auf Nachfrage der CDU-Abgeordneten Monika Grütters nicht zu den unerwünschten Personen zählen.

Die Planungen sind so weit fortgeschritten, dass der Titel des Festvortrags steht: „Wissenschaft und Ideologie in der DDR“. Persönliche Einladungen werde es nicht geben, auch nicht an Fink, versicherte Flierls Sprecher. Die nötigen Adressen seien nicht bekannt. Es werde eher eine allgemeine Einladung über bestehende Netzwerke der Wissenschaftler verteilt. Eine Einlasskontrolle finde nicht statt. Nur ein Termin fehlt offenbar noch – und ein passender Ort.

Am liebsten wäre Flierl eine Ehrung im Roten Rathaus. Doch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat diesen Plan vorzeitig gestoppt. Er werde seinen Amtssitz nicht zur Verfügung stellen. THORSTEN DENKLER