Bosnische Stimme für einen normalen Staat

Nach ihrer Wahlniederlage im Herbst wollen die Sozialdemokraten die ethnisch definierte Teilung überwinden

SARAJEVO taz ■ Nach ihrer Wahlniederlage im Herbst letzten Jahres wollen die Sozialdemokraten Bosniens politisch wieder in die Offensive gehen. Auf einer Parteikonferenz am Wochenende in Sarajevo forderten sie, den bosnischen Staat endlich zu reformieren. „Wir wollen einen normalen Staat, wir wollen die ethnisch definierte Teilung des Staates überwinden“, erklärte Svetozar Pudarić, Generalsekretär der SDP, bei diesem Anlass.

Nach dem Dayton-Abkommen 1995, das den Krieg in Bosnien beendete, wurde Bosnien in zwei Entitäten aufgespalten, die Bosniakisch-Kroatische Föderation und die Republika Srpska. Beide Entitäten sollen nach dem Willen der SDP aufgelöst werden, weil sie als „Resultat einer militärischen Aggression“ ethnisch definiert sind. „Wir streben einen Bürgerstaat an, mit Bürgern, die überall auf dem Staatsgebiet über gleiche Rechte verfügen“, forderten auch andere Redner.

Mit dieser Position wollen die Sozialdemokraten wieder politisch ins Spiel kommen. Die vor ihrer Wahlniederlage regierende Partei will die nicht nationalistischen Kräfte aus allen ethnischen Gruppen in Bosnien wieder an sich binden, die sie nach einigen Skandalen verloren hatte. Auch innerhalb der internationalen Gemeinschaft ist die Diskussion über eine Revision von Dayton wieder aufgelebt. Der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft, Paddy Ashdown, forderte die dominierenden Nationalparteien der Serben, Kroaten und Muslime auf, wichtigen Gesetzen zuzustimmen, die auf eine Stärkung des Gesamtstaates hinauslaufen. So sollen die immer noch existierenden Armeen der Muslime, Serben und Kroaten zu einer einheitlichen bosnischen Armee verschmelzen. Zudem soll ein Gesetz über die Staatsangestellten erlassen werden. Damit wird es den Nationalisten aller Seiten erschwert, den Staatsapparat in ihrem Herrschaftsbereich zu usurpieren. ERICH RATHFELDER