Majestät leidet

Absage des TV-Duells mit SPD-Kandidat Mirow bringt CDU-Bürgermeister von Beust harsche Kritik von allen Seiten ein. Sogar die FDP spottet

von PETER AHRENS
und SVEN-MICHAEL VEIT

Noch am Montag hatte SPD-Spitzenkandidat Thomas Mirow gesagt, eine „Wahlkampf-Strategie des Draufhauens“ sei wenig hilfreich. „Die Hamburger haben es nicht gerne, wenn man sich persönlich mit dem Bürgermeister auseinander setzt“, sagte er gegenüber der taz, und genau auf dieses Argument setzt jetzt sein Gegenspieler Ole von Beust. Dass Mirow sich nicht von dem Juso-Flugblatt distanziert habe, das von Beust Faulheit attestiert, mache „das Maß voll“, so der Bürgermeister gestern vor der Presse. Mit seiner daraufhin getroffenen Absage des für heute geplanten TV-Duells mit Mirow im NDR-Fernsehen (taz berichtete gestern) mobilisiert von Beust noch einmal ein paar Emotionen gegen die SPD und handelt sich harsche Kritik quer durch alle politischen Lager ein.

Der NDR werde „Manns genug sein, diese Entscheidung hinzunehmen“, witzelte der Bürgermeister gestern Mittag noch. Der Sender wird nun statt des Duells zwei gleich lange Einzelinterviews führen. Zudem habe er ja bereits „zweieinhalb Stunden bei zwei anderen Veranstaltungen mit Mirow diskutiert“, so von Beust, es könne also keine Rede davon sein, dass er sich drücke.

Genau das vermuten jedoch seine Kritiker: Mirow selbst, der sich in seiner Reaktion zurückhielt, stellte lediglich fest, er bedaure von Beusts Absage. Ihm scheine es jedoch so zu sein, als ob der Bürgermeister kritischen Fragen zum Thema Krankenhaus-Privatisierung aus dem Weg gehen wolle.

Es geht immer wieder um die Frage: Arbeitet der Bürgermeister zu wenig? Ein Vorwurf, den von Beust ungerecht findet: „Wie soll man das Gegenteil behaupten, wenn jemand sagt, ich sei faul?“ Er selbst findet, dass er beides könne: „Am Schreibtisch sitzen und die wesentlichen Dinge im Auge behalten.“

Das Souveräne scheint ihm dabei allerdings abzugehen – findet auch der Koalitionspartner FDP und bietet fürs TV-Duell sogleich seinen eigenen Spitzenkandidaten Reinhard Soltau an, der „gerne bereit wäre einzuspringen“. Spott auch von SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer: „Die Wähler haben einen Anspruch darauf, sich selbst ein Bild zu machen – aber der Bürgermeister spielt lieber die beleidigte Leberwurst.“

Besonders harsch fällt die Kritik der Grünen an von Beust aus. „Einen Verfall der guten Sitten“, wähnt Landeschefin Anja Hajduk. Ein Bürgermeister „hat sich zu stellen“, meint sie und ruft frühere Zeiten ins Gedächtnis zurück: „Ole von Beust war selbst lange Jahre Oppositionsführer in Hamburg, und zwar ein scharfer und auch ein scharfzüngiger.“

GAL-Spitzenkandidatin Christa Goetsch findet von Beusts Absage „lächerlich“. Er sei zwar „ein Freiherr, aber um Majestätsbeleidigung handelt es sich nicht“. Sie vermutet eher, dass er „vor Herrn Mirow kneift“. Und erinnert an den Vorwurf der Feigheit, den Fraktionsvize Willfried Maier im Januar auf einem GAL-Parteitag erhob: „Herr von Beust redet nur dort, wo ihm niemand widerspricht.“ Zwar wisse sie nicht, ob von Beust „der faulste Bürgermeister ist, aber er ist der mit der faulsten Ausrede“.