Feind der Moralkuh

Theodor Lessing: Universalgelehrt, universell vergessen

„Ich war von ganzer Seele Arzt, mit ungeteilter Seele Lehrer, mit voller Hingabe Psychologe, mit ganzer Kraft Philosoph.“ An Fähigkeiten zum multi-tasking hat es dem 1872 geborenen Theodor Lessing nicht gemangelt. Was seinem Nachruhm jedoch bisher wenig nützte. Nun schlägt Herausgeber Jörg Wollenberg jedoch mit einer Auswahl der Schriften eine Bresche in den Wald des Vergessens. Der dritte Band, „Theater-Seele und Tomi melkt die Moralkuh“, ist soeben erschienen.

So vielfältig wie seine Berufsfelder, so breit fällt auch das Spektrum der Schriften Theodor Lessings aus. Er protestierte gegen Krieg und attackierte, kaum weniger vehement, die Schule als „Mörder an der Seele“. Nach bildungspolitischen Schriften und Texten zu Nationalismus und Judenfrage versammelt „Theaterseele“ gut 30 Texte zu Literatur und Schauspiel, die zwischen 1895 und 1932 in Zeitschriften erschienen: In „Briefen über Kritik“ von 1912 entwirft Lessing eine Anatomie des Literarischen Feldes. Und früh stritt er sich mit Thomas Mann, den er die Titel gebende „Moralkuh“ melken lässt. Der Schauspieler Horst Breiter und die Autoren Hartwig Struckmeyer und Otmar Leist stellen am Donnerstag Texte des eigenwilligen Universalintellektuellen vor. Tim Schomacker

Theodor Lessing: Schriften zu Literatur und Theater, Donat Verlag, 396 Seiten, 19,80 Euro.Vorstellung morgen, 26. Februar, 19 Uhr, Buchhandlung Leuwer