Im Angebot: Schwimmende Atomkraftwerke

Russischer Konzern Rosenergoatom will erste Anlage nach Indonesien verkaufen. Kritik von Ecodefense

BERLIN taz ■ Wie dieser Tage bekannt wurde, laufen gegenwärtig Verhandlungen über den Verkauf eines schwimmenden Atomkraftwerks von Russland an die indonesische Regierung. Falls der Deal unter Dach und Fach kommt, sollen russische Fachleute die möglichen Ankerplätze sondieren und die Anlage vor Ort bis zum Jahre 2015 montieren. Der Preis soll zwischen 200 und 300 Millionen Dollar liegen.

Das schwimmende Atomkraftwerk ist weltweit ein Novum. Zehn Jahre lang hatte der russische Konzern „Rosenergoatom“ dieses Projekt ausgebrütet. Ende 2002 erblickte das Küken das Licht der Welt. Ein solches Kraftwerk besteht aus zwei mobilen Reaktoren, deren Prototyp aus einem U-Boot-Reaktor entwickelt wurde. Das AKW gleicht mit seinen Plattformen und Räumlichkeiten einer schwimmenden Ölbohrstation und kann innerhalb von Hafenanlagen vertäut oder auf offener See verankert werden. Erste Versuche des Atomministeriums, einzelne Exemplare im eigenen Lande loszuwerden, scheiterten in den an die Ostsee angrenzenden Regionen Kaliningrad und Karelien am Widerstand der lokalen Behörden. Angesichts der Kosten eines solchen Minikraftwerkes ist es mit einer Leistung von 40 Megawatt wenig effektiv. Schon bei kleineren Havarien ist dafür nach Ansicht von russischen Experten mit radioaktiver Verseuchung des Meeres im Umkreis von einigen tausend Kilometern zu rechnen.

Das Projekt erscheint für Indonesien offenbar verlockend, weil das aus zahlreichen Inseln bestehende Land immer wieder unter Stromausfällen in wechselnden Territorien leidet. Wladimir Sliwjak von der Moskauer Filiale der Umweltschutzorganisation Ecodefense beklagte vor der Presse, dass ein Verkauf des Kraftwerkes an Indonesien einem Verstoß gegen den Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen gleichkäme. Das in den beiden dazugehörigen Reaktoren verarbeitete hochangereicherte Uran reiche aus, um mehrere Atombomben zu bauen. „Außerdem“, so fuhr Sliwjak fort, „ist das schwimmende Kraftwerk ein Experiment, das noch niemals und nirgends seine Arbeitsfähigkeit bewiesen hat. Allerdings kann man heute schon sagen, dass es eine gewaltige Menge von Atommüll produzieren wird, dessen Lagerung und Bewachung in einem so kleinen Land wie Indonesien sehr schwer zu organisieren sein wird“.

In diesem Zusammenhang wies der Kovorsitzende von Ecodefense darauf hin, dass die Abriegelung eines AKW von der Seeseite her besonders schwer und teuer zu bewerkstelligen ist. Deshalb sei solch eine künstliche Nuklearinsel ein gefundenes Fressen für Terroristen. Sliwjak nannte in diesem Zusammenhang die Politik der russischen Nuklearindustrie „eindeutig kolonial“. BARBARA KERNECK