Asiens Regierungen kämpfen um Vertrauen

SARS-Sondergipfel in Bangkok will mit vereinheitlichten Grenzkontrollen die Ausbreitung der Krankheit verhindern

BANGKOK taz/rtr ■ Asiatische Staaten wollen mit einem Sechspunkteplan gegen die gefährliche Lungenkrankheit SARS vorgehen. Die Staaten würden daran arbeiten, „strenge Maßnahmen bei der Einreise und der Zollkontrolle zu erlassen, um einer Ausweitung von SARS vorzubeugen“, hieß es in der Erklärung von China, Hongkong und den zehn südostasiatischen Asean-Staaten. Die Erklärung sollte gestern zum Abschluss eines SARS-Sondergipfels der Staats- und Regierungschefs im thailändischen Bangkok verabschiedet werden.

Internationale Reisende sollen künftig vor dem Abflug und nach ihrer Ankunft einer Gesundheitskontrolle unterzogen werden. Auch wollten die Staaten Informationen zu SARS austauschen und bei Forschung und Ausbildung zusammenarbeiten. China schlug einen asiatischen Fonds für Hilfsmaßnahmen vor und sagte dafür 1,2 Millionen US-Dollar zu. Thailand wollte sich mit 250.000 Dollar beteiligen.

Wegen SARS blieb den südostasiatischen Staaten und dem mutmaßlichen SARS-Ursprungslang China nichts anderes übrig, als sich erstmals zusammenzuraufen. Beim Gipfel wurde deutlich, dass sie es für nötig halten, die jetzt ohnehin verschärften Grenzkontrollen zu vereinheitlichen. So werde in jedem Land auf den Flughäfen auf verschiedene und daher unterschiedlich zuverlässige Art Fieber gemessen, monierte ein Teilnehmer.

Das Treffen war vor allem eine politische Demonstration. Sie sollte den Willen bekunden, SARS einzudämmen und damit verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Dass Chinas neuer Ministerpräsident Wen Jiabao teilnahm, sollte das durch SARS getrübte Verhältnis Chinas zu den Asean-Staaten aufpolieren. Denn die von SARS betroffenen Länder Südostasiens waren mit Chinas mangelhaftem Krisenmanagement sehr unzufrieden.

Immer neue Todesfälle und massive wirtschaftliche Folgen ließen die zehn Asean-Länder ungewöhnlich rasch reagieren. Sonst hatten die als unflexible Gruppe bekannten Staaten sich bei Wirtschafts- oder Sicherheitsfragen gerade mal auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen können, der niemandem größere Kompromissbereitschaft abverlangte.

SARS aber ist ein Notfall: Weltweit starben inzwischen mehr als 330 Menschen an der Lungenkrankheit, über 5.000 infizierten sich. Kopfzerbrechen bereitet der Weltgesundheitsorganisation WHO weiter die Frage, ob sich SARS in China zur Epidemie entwickeln wird. „Wir bekommen immer mehr Meldungen über neue Fälle dort, und es scheint nicht so, als ob der Scheitelpunkt erreicht ist“, sagte der WHO-Direktor für übertragbare Krankheiten, David Heymann, in Bangkok. Gestern meldete China neun und Hongkong zwölf neue Todesfälle. Erstmals gaben auch die Mongolei, Südkorea und Neuseeland SARS-Fälle bekannt.

Experten schätzen die durch die Krankheit verursachten globalen Kosten auf mindestens 30 Milliarden Dollar. China verliert Schätzungen zufolge durch SARS ein bis zwei Prozent Wirtschaftswachstum. Die Wirtschaft in der Hauptstadt Peking werde stagnieren oder gar rückläufige Zahlen erreichen. NICOLA GLASS