Problem mit Sprayern

Der Zweifelmaschinist

Ein Mann sitzt am Schreibtisch. Innerhalb eines festen Rahmens. Keine Ausweichmöglichkeiten. In der Ecke, am Rand brummt ein kleiner, metallischer Kasten vor sich hin. Die Zweifelmaschine. Mit Selbstantrieb.

In der Galerie in der Ackerstraße wird hart geblitzt. Die Farben sind knallig. Die Luft ist dünn. Die Frauen hinter den Tresen und Schreibtischen werden nicht bezahlt, es sind Praktikantinnen.

Männer und Frauen in weißen Turnschuhen tragen Pizzaschachteln nach Hause. Vorbei an den neu angestrichenen Altbauten. Schöne vanillefarbene Häuser. Überhaupt Vanille. Die Frage ist nur, denkt der Zweifelmaschinist, wie lange es dauert, bis der erste Tag auf den neuen Anstrich gesprüht wird. Bei aller Liebe zur Subkultur: Die meisten Tags könnte man sich sparen. Besonders an den schönen Altbauten, die saniert aussehen wie neu, leider aber auch teurer geworden sind. Sprayer, denkt er, unterscheiden nicht zwischen hässlichem Betonbau, also Architektursünde, die zum Besprühen einlädt, und der Schönheit eines frisch gestrichenen Altbaus. Das ist das Problem mit Sprayern. Abgesehen davon, dass das Niveau insgesamt stagniert.

Der Zweifelmaschinist freundet sich mit einer Zahnärztin an. Unter der grellen Lampe, auf dem Behandlungsstuhl, mit der begummihandschuhten Hand der Assistentin in der eigenen Rechten, nimmt er sich vor, sich Meinungen abzugewöhnen, unter Freunden gilt er schon als grantig. Die Betäubung nimmt zu, die Assistentin den Schlauch aus seinem Mund, die Zahnärztin bittet zum Ausspülen. Ein weiterer Zahn ist saniert.

Die Zahnärztin schießt Fotos und lässt sie abziehen. Später hängen sie herum. In der Nähe der Praktikantinnen.RENÉ HAMANN