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zwischen den rillenSchläferstündchen zu zweit

Passt perfekt zum Milchkaffee: Mit „Feels Like Home“ empfiehlt sich Norah Jones als Songwriterin für den privaten Hausgebrauch

Sie ist hübsch. Sie lächelt schüchtern in die Kamera. Und sie umklammert mit beiden Händen eine geradezu obszöne Menge von Grammophon-Statuetten.

Es war dieses Foto von Norah Jones, das vor einem Jahr um die Welt ging. Der Gewinn von sagenhaften acht Grammys für ihr Debütalbum „Come Away With Me“ katapultierte die damals erst 23-Jährige ins grelle Scheinwerferlicht der Medien. Sechs Millionen Male hatte sich „Come Away With Me“ bis dahin schon verkauft, vor allem in den USA, danach gingen noch einmal doppelt so viele Exemplare weltweit über die Ladentische: Das akustische Album rettet das traditionsreiche Jazz-Label „Blue Note“ gar vor dem drohenden Bankrott.

Entsprechend groß waren die Erwartungen an ihren Zweitling „Feels Like Home“, der vergangene Woche erschienen ist. Doch bis jetzt verläuft alles nach Businessplan: „Feels Like Home“ verkaufte sich schon jetzt in den USA mehr als eine Million Mal und schoss in 18 Ländern auf den ersten Platz der Verkaufslisten. Norah Jones indessen hetzt von Pressetermin zu Pressetermin. Nur eines kann sie dabei gar nicht leiden: wenn sie von Journalisten nach ihrem berühmten Vater gefragt wird.

Denn in der Biografie von Norah Jones spielt Ravi Shankar, der greise Sitar-Virtuose, nur eine Nebenrolle. Was seine uneheliche Tochter dazu prädestiniert hat, selbst Karriere zu machen, war schließlich nicht das väterliche Erbe, sondern ihr eigenes Talent. Und das Glück, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort gewesen zu sein. Denn dass eine Sängerin wie Norah Jones heute so lange Schatten wirft, hängt mit dem aktuellen Stand der Musikindustrie zusammen: In Zeiten der Krise verspricht nur Handwerk noch goldenen Boden.

Norah Jones steht mit ihrer Konsensmusik zwischen Jazz, Country, Blues und Songwriter-Folk für einen Trend zum „Authentischen“, der der Musikbranche noch Zuwachsraten verspricht. Mit ihrem bewusst antikommerziellen Gestus und ihrer altklugen Art schmeichelt sie all den sensiblen Seelen, den lebensuntauglichen Studenten und den Tagebuchschreiberinnen, die sich vom Casting-Pop der Gegenwart abgeschreckt fühlen.

Sie alle werden sich auch die neue Norah Jones ins Bücherregal stellen, neben andere grundsensible Songwriter wie Paul Simon und ein paar handgeklöppelte Weltmusik-CDs. Denn ihnen spendet Norah Jones auf „Feels Like Home“ mit kalkulierter Verträumtheit Trost.

Das Album beginnt mit „Sunrise“, einem heimeligen Aufwach-Stück, zu dem man sich zum Frühstück gerne den Milchkaffee aufschäumt. Es folgt „What Am I To You“, ein Liebeslied, in dem es nur so von Schmetterlingen wimmelt, und so geht es entspannt weiter, bis man bei „Don’t Miss You At All“ angekommen ist, einem Abschied-vom-Liebsten-Blues: Da sitzt Norah Jones dann am Fenster und schaut den Schneeflocken beim Rieseln zu.

All das ist Balsam für die Ohren der so genannten „Sleeper“: So nennt die Plattenindustrie jene Hörer ab 30, die sich kaum noch in den Plattenladen trauen, weil sie die Orientierung verloren haben. Sie bilden die Zielgruppe der Zukunft – und das nicht nur, weil sie „nicht wissen, wie man Musik aus dem Internet herunterlädt“, wie Blue-Note-Chef Bruce Lundvall scherzt.

Diese Zielgruppe ist traditionsbewusst und wertkonservativ. Und sie vertraut in ihrem Urteil gerne auf Auszeichnungen wie die Grammys, die deshalb in letzter Zeit enorm an Bedeutung gewonnen haben. Und fällt es nicht schwer, Norah Jones nicht zu mögen? Man kann ihr eigentlich nur vorwerfen, dass sie niemandem wehtun möchte.

Ob das, was sie macht, noch Jazz ist, bleibt dabei eher nebensächlich. Für Kenner mag es ja von Interesse sein, dass ihr Stück „Don’t Miss You At All“ auf einer alten Pianomelodie von Duke Ellington basiert. Für den Laien dagegen ist nur von Bedeutung, dass es die perfekte Begleitung für den privaten Hausgebrauch abgibt: den idealen Soundtrack für ein Schläferstündchen zu zweit. DANIEL BAX

Norah Jones: „Feels Like Home“ (EMI)

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