Sind Kriege besser, wenn Frauen sie führen?

Eine Tagung der Ebert-Stiftung widmet sich dem Gender-Mainstreaming in der Außen- und Sicherheitspolitik

BERLIN taz ■ Rüstungsindustrie. Truppeneinsätze. Kriege. Waffen. Frauen? Nicht unbedingt eine der naheliegendsten Assoziationen, denn Außen- und Sicherheitspolitik war und ist in Deutschland bisher eine klassische Männerdomäne.

Inwieweit sich das in Zukunft ändern kann und soll, erörterten am Mittwoch Wissenschaftler und Praktiker auf einer von der Friedrich-Ebert-Stiftung organisierten Veranstaltung mit dem Titel: „In Männerhand? Gender-Mainstreaming als Herausforderung der Außen- und Sicherheitspolitik“. Das in letzter Zeit leicht inflationär zitierte Konzept vom Gender-Mainstreaming geht davon aus, dass politische Maßnahmen unterschiedliche Auswirkungen auf Männer und Frauen haben, und versucht, bei Entscheidungen die Belange beider Geschlechter einzubeziehen. Im Gegensatz zum klassischen Feminismus werden Weiblichkeitsvorstellungen immer im Verhältnis zu Männlichkeitsvorstellungen untersucht, mit dem Ziel, beiden Geschlechtern mehr Optionen einzuräumen.

Die in der Außen- und Sicherheitspolitik gängigen Geschlechterklischees schlügen sich auch in der Rechtsprechung nieder, so Susanne Baer, Professorin für Gender Studies und Verwaltungsrecht an der Humboldt-Universität Berlin. Bei Menschenrechtsverletzungen beispielsweise dränge sich traditionell das Bild des politisch verfolgten gefolterten Mannes auf. Erst seit dem Bosnienkrieg werde stärker berücksichtigt, dass es geschlechtsspezifische Kriegsstrategien wie Massenvergewaltigungen gebe und vergewaltigte Frauen Opfer von Menschenrechtsverletzungen seien.

Auch der Einsatz von Waffen kann sich auf Frauen und Männer unterschiedlich auswirken, etwa wenn in Konflikten vor allem Frauen die Zivilbevölkerung stellen. In der Rüstungsindustrie scheint sich dies noch nicht überall herumgesprochen zu haben. Ob es denn Gutachten zu geschlechtsspezifischen „Kollateralschäden“ gebe, lautete eine Frage an Dorothee Müller-Lankow, die für den Rüstungskonzern BAE Systems arbeitet. Die Antwort: ein klares Nein.

Was von der Gender-Mainstream-Theorie in der Praxis bei bei den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ankommt, sieht Gudrun Schattschneider bei ihrer täglichen Arbeit als Leiterin Grundsatzangelegenheiten vom Bundeswehrverband: Bisher sind vier Prozent Frauen in der Bundeswehr beschäftigt, im Truppendienst nur ein Prozent. Natürlich würden die Frauen Strukturen noch nicht grundlegend verändern können, erst mal sei die Folge eine Anpassung an männliche Strukturen. Sie halte aber langfristig einen Frauenanteil von sechs bis sieben Prozent für realistisch.

Bezeichnend für die Hürden seien Diskussionen wie die um weibliche Dienstgradbezeichnungen wie „Oberleutnantin“. „Doch das ist schon ein ganz großer Schritt, dass sich hier erstmal die Wahrnehmung ändert“, so Schattschneider optimistisch. „Den Männern kommt es schon verdächtig vor, wenn in der Bundeswehr überhaupt Frauen herumlaufen. Und jetzt sollen sie auch noch in der Sprache berücksichtigt werden?“

SONJA WERDERMANN