Aachens Bistum im Streit um den Sozialabbau

Bundesweit einmalig soll Generalvikar das Misstrauen ausgesprochen werden. Mitarbeiter: Bischof reagiert „panisch“

AACHEN taz ■ Zwischen der Leitung und den Mitarbeitern des Bistum Aachen hängt der Haussegen schief: Die Diözese will wegen des Rückgangs von Kirchensteuern und Fördermitteln massiv Arbeitsstellen abbauen. Die Initiative „Zukunft Arbeitsplatz Kirche“ (ZAK) kritisiert, das Bistum verspiele sein Vertrauen und reagiere „panisch“. Mitglieder des Kirchensteuerrats wollen gar Generalvikar Manfred von Holtum das Misstrauen aussprechen – ein bundesweit wohl einmaliger Vorgang.

Vorgeworfen wird der Bistumsspitze, anders als das Gros der Deutschen Bistümer nicht rechtzeitig auf die durch Steuerreform und Sozialabbau absehbaren Einnahmerückgänge reagiert zu haben. Im Dezember 2003 sprach das Bistum erstmals davon, bis zu 250 Stellen abzubauen. Mitte Februar wurde bekannt, dass alle Regionalstellen – Aachen-Stadt und -Land, Mönchengladbach, Viersen, Krefeld, Düren, Heinsberg und Eifel – Ende 2004 schließen sollen: Bei einem Etat von 404 Millionen Euro müssen statt 20 nun 50 Millionen Euro eingespart werden. Laut ZAK-Geschäftsführer Gerd Mertens droht hier bis zu 225 Menschen der Jobverlust. Zudem sei es das Aus des „sozialen Motors“ im Bistum. Die Regionalstellen koordinieren die Arbeit der Ehrenamtler und bieten etwa Angebote für Arbeitslose, Jugendliche und Flüchtlinge an.

Bischof Heinrich Mussinghoff bedauert die Situation. In seinem Fastenbrief, der am Wochenende in den Gemeinden verlesen wird, heißt es, es sei für ihn „eine große Belastung, diesen Mangel zu ertragen und ihn nicht nur gerecht und sinnvoll zu verwalten“. Der Bischof glaubt, erst in ein paar Jahren griffen die Sanierungspläne. Er hat den Mitarbeitern einen Sozialplan und die Suche nach gemeinsamen Lösungen in Aussicht gestellt. Allerdings müssten weitere Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten mit neuen Einschnitten rechnen.

ZAK, gegründet Mitte 2003, glaubt nicht an einen durchdachten Sanierungsplan. Im Januar erst hatte die Initiative, der auch Regionaldekan Hans-Georg Schornstein angehört, der Diözese das Papier „Bündnis für Arbeit und Beschäftigungssicherung“ vorgelegt. Dem Bistum wird darin der Verzicht auf Arbeitszeit, Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie bis zu 10 Prozent Lohnverzicht angeboten – im Gegenzug wird der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen verlangt. Das Misstrauensvotum stützt ZAK noch nicht. Noch bleibt die Hand ausgestreckt.

MICHAEL KLARMANN