Stimmung im Osten ist mies

Sozialreport 2004: Zukunftspessimismus steigt, Zahl der zufriedenen Ostdeutschen sinkt. Sozialreformen finden keine Akzeptanz. Osten verfestigt sich zur „Teilgesellschaft“.

BERLIN taz/epd ■ Sieben Landtags- und Kommunalwahlen sind für dieses Jahr in den neuen Bundesländern angesetzt – und die Stimmung könnte mieser kaum sein. Reformdebatten, Angst vor Arbeitslosigkeit und eine schlechtere wirtschaftliche Lage hätten in den neuen Bundesländern zu einer sinkenden Lebenszufriedenheit geführt, heißt es in dem gestern in Berlin vorgestellten Sozialreport 2004. Der Sozialreport wird vom Sozialverband Volkssolidarität und der Hans-Böckler-Stiftung finanziell unterstützt.

„Die soziale Verunsicherung beeinflusst die Menschen in allen Lebensbereichen“, erläuterte der Geschäftsführer des Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrums Berlin-Brandenburg, Gunnar Winkler. Insbesondere die Sozialreformen fänden keine Akzeptanz. Sie würden als Entscheidung gegen die Interessen der Bürger und Angriff auf den Lebensstandard angesehen. So sei die Mehrheit der Ostdeutschen der Ansicht, der Umbau des Sozialstaates diene vorrangig der Sanierung der Staatsfinanzen sowie den Unternehmen und den Versicherungen. Damit verbunden sei ein sinkendes Vertrauen in Gesellschaft und Staat.

Derzeit sind der Studie zufolge nur noch 40 Prozent „mit ihrem Leben alles in allem zufrieden“, 41 Prozent dagegen nur in Teilen. 18 Prozent sind unzufrieden. Im Jahr 2000 hatten noch 59 Prozent der Ostdeutschen ihre Situation als zufrieden stellend eingeschätzt. Die sinkende Zufriedenheit sei kein Ausdruck unbefriedigter Ansprüche, betonen die Sozialwissenschaftler. Sie reflektiere vielmehr reale Wohlstandsverluste und Zukunftsverunsicherungen.

Für die 14. Erhebung wurden den Angaben zufolge im August und September 2003 insgesamt 1.360 Frauen und Männer ab 18 Jahren in den neuen Bundesländern und Ostberlin befragt. 30 Prozent von ihnen bezeichneten ihre wirtschaftliche Lage als schlecht. Fast jeder zweite stellte eine Verschlechterung in den vergangenen fünf Jahren fest. Nur 13 Prozent erwarten für die Zukunft eine Verbesserung. 55 Prozent befürchten Arbeitslosigkeit, lediglich drei Prozent halten die Renten für sicher.

Die Veränderungen seit 1990 in den ostdeutschen Bundesländern haben der Studie zufolge zu einer Verfestigung der beiden Teilgesellschaften in Deutschland geführt. Die festgestellte „eigenständige Ost-Identität“ resultiere allerdings nicht mehr aus einer gemeinsamen Vergangenheit, sondern gleichen Lebensverhältnissen in den neuen Bundesländern. BD