Handys und E-Mails noch unsicherer

Per Gesetzentwurf will die CSU der bayerischen Polizei erlauben, präventiv Telefone abzuhören und E-Mails zu lesen, wie Thüringen es bereits erlaubt hat. Bayerns Journalistenverband kritisiert, dass keine Ausnahmen für die Presse vorgesehen sind

von CHRISTIAN RATH

Bayern will sein Polizeigesetz verschärfen. Ein Gesetzentwurf der CSU sieht vor, dass die Polizei künftig die Telekommunikation auch präventiv – also zur Abwehr von Gefahren und zur Verhütung von Straftaten – überwachen darf. Außerdem wird wohl erstmals in Deutschland der automatische Abgleich von Kfz-Kennzeichen mit Fahndungsdaten geregelt.

Um dem „internationalen Terrorismus“ und der „organisierten Kriminalität“ künftig präventiv begegnen zu können, soll die Polizei auch zu diesem Zweck Telefone abhören, E-Mails lesen und die Verbindungsdaten von Gesprächen und Mailverkehr erfassen können. Auch Telefongesellschaften außerhalbs Bayerns können zur Mithilfe verpflichtet werden, wenn sie Dienste in Bayern anbieten.

Dass die bayerische Polizei dies bisher noch nicht durfte, hat vor allem zwei Gründe. Zum einen glaubte man bis vor kurzem, nur der Bund dürfe das Abhören von Telefonen regeln. Zum anderen gibt es auch keinen nennenswerten praktischen Bedarf für die präventive Kontrolle des Fernmeldeverkehrs. Gerade im Bereich Terrorismus und organisierter Kriminalität stehen bereits alle Vor- und Umfeldhandlungen unter Strafe, so dass die Polizei bei Bedarf fast immer einen Grund zu strafrechtlichen Ermittlungen – also auch zum Abhören – findet.

Trotz der martialischen Ankündigung der CSU wird die Polizei vor allem als „Freund und Helfer“ gestärkt. So kann künftig der Standort von vermissten Personen, die ein Handy mit sich führen, leichter geortet werden. Auch Selbstmörder, die ein „letztes Telefongespräch“ führen, will man künftig besser retten können. In Thüringen war vorigen Sommer eine ähnliche Regelung eingeführt worden. Erfurts damaliger Innenminister Christian Köckert (CDU) ging davon aus, dass sich die Zahl der Abhörmaßnahmen durch die neuen Befugnisse „nicht nennenswert“ erhöhen wird. Neu und für die Polizei nützlich ist allerdings, dass nach Landesrecht Handys auch im Stand-by-Betrieb geortet werden dürfen. Die bisherige Regelung in der Strafprozessordnung setzt ein Telefonat voraus.

Der bayerische Journalistenverband kritisierte, dass es keine Ausnahmeregelung für die Telefone von Journalisten gebe. Eine Presseklausel für die Telefonüberwachung gibt es allerdings auch in der Strafprozessordnung nicht. Die dortigen Sonderregeln betreffen nur den großen Lauschangriff, also das Verwanzen von Wohnungen und Redaktionsräumen.

Bundesweit neu ist eine Regelung zum automatischen Abgleich von Kfz-Kennzeichen. Hier werden die Nummernschilder mit einer automatisierten Digitalkamera erfasst und mit den Fahndungdateien abgeglichen. Europaweit sind rund 800.000 Kennzeichen zur Fahndung ausgeschrieben. Bei einem Treffer wird die Polizei informiert, die weitere Maßnahmen veranlasst. Der unsichtbare Infrarotblitz der Kamera ist für die Betroffenen nicht sichtbar.

Schon seit einigen Monaten testet die bayerische Polizei entsprechende Systeme am deutsch-tschechischen Grenzübergang Waidhaus sowie auf Autobahnen im Binnenland. Der bayerische Datenschutzbeauftragte Reinhard Vetter hält die neue Fahndungsmethode für zulässig, wenn die Daten Unbeteiligter sofort wieder gelöscht werden. Er kritisierte allerdings die fehlende gesetzliche Grundlage, die jetzt nachgeliefert wird.

Die CSU will den automatischen Nummernschildabgleich auch an gefährdeten Orten wie Flughäfen, Bahnhöfen und Kernkraftwerken einsetzen. Außerdem sollen „bekannte Störer“ vor Demonstrationen ausgefiltert werden.