Die Jugendministerin: Ute Schäfer

Nach Jahren in der Kommunalpolitik hat Nordrhein-Westfalens Ministerin für Schule, Jugend und Kinder eine rasante Karriere gemacht – und ein schweres Erbe angetreten: Der Druck von Lehrern, Eltern und Bildungsexperten bleibt groß

Bodenständig, zuverlässig und sparsam – „ich bin Lipperin“. Ute Schäfer (SPD), vor 49 Jahren in Lage geboren, hängt an ihrer Heimat. Tollheiten wie der rheinische Karneval sind ihr zutiefst suspekt. Wie ihren Nadelstreifenanzug mit einer Kette aus leuchtend roten Perlen kombiniert die Schnellsprecherin die bedächtige Art der Lipper mit ihrer eigenen Geschwindigkeit. Die Mischung brachte Erfolg: Nach langen Jahren in der Provinzpolitik zog Schäfer vor vier Jahren erstmals ins Landesparlament ein, zwei Jahre später war sie Ministerin.

Als Regierungschef Peer Steinbrück (SPD) seine neue Ministerin für Schule, Jugend und Kinder ernannte, war die Überraschung groß. Denn Schäfer war auf der politischen Bühne weitgehend unbekannt, böse Zungen spotteten, dass der SPD nun endgültig das politische Personal ausgegangen sei. Landtagskollegen lobten zwar das Kommunikationstalent der gelernten Lehrerin, kritisierten ihre landespolitische Unerfahrenheit dafür umso schärfer. Für Schäfer, die „sehr viel Respekt“ für ihre neue Aufgabe mitbrachte, war die Kritik Ansporn: „Die Leute werden merken, was ich kann und was ich nicht kann.“

Schäfer trat ein schweres Erbe an: Vorgängerin Gabi Behler lag vor ihrem Rücktritt, mit dem sie einer Entlassung zuvorkam, stark unter dem Beschuss von Lehrerverbänden, Elterninitiativen und Bildungsexperten. Ruhe an der Bildungsfront sollte Schäfer schaffen, forderte Chef Steinbrück, und trotzdem die dringend nötigen Schulreformen auf den Weg bringen.

Schäfers Bilanz ist zwiespältig. Das große Reformprojekt Offene Ganztagsgrundschule wurde von den Schulen zwar angenommen, doch seine Umsetzung von banalen Problemen wie fehlenden Möbeln oder schlechtem Essen verhagelt. Von den versprochenen 6.000 neuen Lehrern werden voraussichtlich nur 4.000 eingestellt, der Rest fiel ins Haushaltsloch und muss von den Pädagogen mit einer zusätzlichen Arbeitsstunde ausgeglichen werden. Die Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund im Kindergarten wurde zwar erweitert, die Förderung der Muttersprache – nach Ansicht von Experten unerlässlich für das Erlernen der deutschen Sprache – jedoch gekürzt. In den Haushaltsberatungen konnte die Kinder- und Jugendministerin schmerzhafte Kürzungen bei offenen Angeboten für ihre Klientel nicht verhindern. Schäfer ist trotzdem zufrieden – auch weil die Proteste der Lobbygruppen sich in Grenzen halten. Ihren Vorgängern habe „der Wind kräftiger ins Gesicht geblasen“.

Als einzige Tochter eines Brennstoffhändlers habe sie von Kindesbeinen an gelernt, dass berufliche Selbstständigkeit für Frauen einen zentralen Wert hat. Feministischen Theorien habe sie trotzdem nie etwas abgewinnen können. Als Stadträtin in Lage habe sie sich für andere Sachthemen wie Umwelt interessiert – und dabei immer darauf geachtet, ihr Frau-Sein streng von ihrer Sachpolitik zu trennen. Erst als Dozentin in der Lehrerfortbildung sei sie auf „die Lebensbrüche bei Frauen“ aufmerksam geworden, die mit der Mehrfachbelastung Kinder, Haushalt und Beruf oft einhergehen. Seitdem versuche sie zumindest in ihrer Partei ein „Schneeball-System“ zu etablieren, indem sie Frauen fördert und für verantwortliche Aufgaben begeistert, die dann ihrerseits für weiteren weiblichen Nachwuchs sorgen sollen. Die Erfolgsquote sei nicht sehr hoch, gibt sie zu, aber es blieben eben immer wieder Frauen dabei. Und auch über kleine Erfolge kann sich die Ministerin der Kleinen sehr freuen. NADIA LEIHS