Froh über Schill-Schlappe

Obwohl Rot-Grün in Hamburg in weite Ferne rückt, feiert die GAL-Basis auf St. Pauli ihr zweistelliges Ergebnis

von Eva Weikert

„Zuversicht“, sagt Hans-Jürgen Schürmer, „für eine Ablösung des Rechts-Senats habe ich mitgebracht.“ Der GALier aus Eimsbüttel drängelt sich durch die Kiez-Kneipe „Herzblut“. Rund 300 Gäste sind an diesem Sonntagabend zur Wahlparty nach St. Pauli gekommen, eine Hochburg der Grünen. Es ist kurz vor 18 Uhr, gleich wird die erste Hochrechnung auf einer Großbildleinwand neben der Theke ausgestrahlt. An der GAL-Basis herrscht kämpferischer Optimismus. „Ich tippe auf 14,9 Prozent“, sagt Schürmer. Auch Frauenpolitikerin Verena Lappe setzt mit mehr als 14 Prozent auf ein bisher nicht erreichtes Landtagswahlergebnis: „Wir haben uns im Wahlkampf sehr gut präsentiert.“

Dann kommt die Hochrechnung, die Gespräche verstummen und alle, auch die Kellner, schauen auf die Leinwand. 46,6 Prozent für die CDU – ein Stöhnen geht durch die Menge, laute Pfiffe und Buhrufe sind zu hören. Müdes Klatschen gibt es für die SPD mit nur 30,9 Prozent. Als dann das grüne Tortenstück eingeblendet wird, ist der Applaus eher verhalten, einzelne Jubelrufe sind zu hören und wenige Gäste umarmen sich: Die GAL bei 12,6 Prozent, vier Prozent mehr als vor vier Jahren. „Damit haben wir uns gut geschlagen“, meint Schürmer.

Der Jubel bricht erst los, als der ZDF-Moderator auf der Leinwand magere drei Prozent für die FDP verkündet. „Gott sei Dank, Schwarz-Gelb wird es nicht“, sagt ein Mann. Dröhnender Applaus, Johlen und Trampeln folgen: Mit nur 3,5 Prozent schafft auch Ronald Schill den Sprung in die Bürgerschaft nicht. „Trotzdem sind das immer noch 3,5 Prozent zuviel“, kommentiert eine Frau.

Schill „in die Wüste geschickt zu haben“, sei ein wichtiger Erfolg des heutigen Abends, resümiert GAL-Vize-Landeschef Jens Kerstan. „Achtbar“ nennt er das Ergebnis seiner Partei. Über den Erfolg der CDU tröstet die Bundesvorsitzende der Grünen, Angelika Beer, mit dem Hinweis hinweg: „Wenn Ole von Beust allein regiert, kann er sich nicht mehr wegducken und kleine Partner für Niederlagen verantwortlich machen.“

Gleichwohl macht sich Enttäuschung breit. „Ich hätte mir eine rot-grüne Koalition gewünscht“, sagt Student Sebastian Schuster aus Altona. „Das wird wohl nichts.“ Auch Anke Papenfus aus Barmbek, die der GAL beim Plakatieren im Wahlkampf half, macht aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl und sagt: „Ich hatte auf mehr gehofft.“ Der Stimmenzuwachs bei der CDU sei für sie „eine persönliche Enttäuschung“. „Über Rot-Grün ist doch noch nicht entschieden, noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt“, wiegeln einige Optimisten ab und spülen ihre Zweifel mit Bier herunter.

Grund zum Feiern sehen an diesem Abend die meisten Gäste, auch wenn es zum Regieren wohl nicht reicht. So ist der GAL nach ihrer herben Wahlschlappe im September 2001 die Rückkehr in den zweistelligen Prozentbereich gelungen. „Jetzt sind wir da, wo wir hingehören“, frohlockt Kerstan.