Männergruppe im Glanze

Nobelpreisträger und Ex-Präsident Michail Gorbatschow wirbt für die Verleihung des World Award in Hamburg und tritt den USA vors Schienbein. Gut, dass Ole von Beust das noch ausgewetzt hat

von PETER AHRENS

Er ist da. Der Mann, der „wie kein anderer die Welt verändert hat“, so wird er vorgestellt. Michail Gorbatschow sieht auch im Hamburger Rathaus genauso aus, wie man ihn mit der Strickjacke im Ural kennt. Bürgermeister Ole von Beust sagt, dass „Europa, Deutschland und Hamburg Ihnen viel zu verdanken haben“, und überschlägt sich in Honneurs. Noch. Denn noch geht es nur um gute Menschen und nicht um Politik.

Genauer gesagt, geht es um gute Männer. Denn Gorbatschow ist mit Ex-RTL-Professor Helmut Thoma im Schlepptau nach Hamburg gekommen, um für die Verleihung des „World Award“ im Oktober in der Musikhalle zu werben. Ein Preis, der „an Männer verliehen wird, die sich bemüht haben, die Welt nachhaltig besser zu machen“. Ein kurzer Blick in die Liste der bisherigen Preisträger verdeutlicht das: Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zum Beispiel oder Thomas Gottschalk und Michael Jackson. Oder der Erfurter Gutenberg- und Gutmensch-Pauker Rainer Heise. Jacksons Auszeichnung wurde mit seinem Status als „living legend“ begründet, der von Gottschalk damit, dass er einen „irresistable charm“ aufweise. Diekmann ist Gorbatschow und der internationalen Jury wahrscheinlich irgendwie untergejubelt worden. Ach, klar, Begründung: German-Jewish Reconciliation.

Den Preis bekommen nur Männer, weil er dazu beitragen soll, „das Männer-Bewusstsein zu verändern“, wie Veranstalter Georg Kindel sagt. Dieses Riesen-Männergruppen-Event, das, so Kindel, logisch, „eine sehr glanzvolle Veranstaltung“ (Horáková!) ist, geht vom 21. bis 23. Oktober im Rahmen einer großen Friedenskonferenz vonstatten, auf der Leute aus Kunst, Kultur, Medien und Wissenschaft auftreten sollen. Mögliche Gäste, so Kindel, seien Paul McCartney und CNN-Gründer Ted Turner. Der den Preis auch schon erhalten hat, weil CNN die Welt bekanntlich nachhaltig besser gemacht hat.

Gorbatschow ist jedenfalls der richtige Mann für die Schirmherrschaft eines Preises, der Männer in ihrem Inneren verändern soll. Schließlich melden russische Zeitungen, der Ex-Präsident habe am Wochenende bei der Hochzeit seiner Enkelin wahrhaft geweint. Damit ist er als neuer Mann selbstverständlich prädestiniert für den World Award.

Obwohl es dann doch nicht mehr alles so friedlich bleibt an diesem sonnigen Nachmittag, an dem ganz viele neue Männer im Rathaus zusammenhocken. Gorbatschow hebt irgendwann an, den Irak-Krieg zu kommentieren und nennt die USA eine „neue imperiale Macht“. Frankreich, Deutschland und Russland würden von den USA lediglich als Satelliten behandelt, die Amerikaner hätten „das Weltrecht und die Weltmeinung zur Seite geschoben“, macht Gorbi fröhlich weiter, während CDU-Mann von Beust immer unruhiger auf seinem Stuhl hin und her rutscht.

Als der frühere russische Staatschef schließt, es könne nicht sein, dass „die Welt auf Dauer nach der Pfeife der USA tanzen wird“, fühlt sich von Beust denn doch bemüßigt, noch einen Kommentar abzugeben. An den Worten Gorbatschows erkenne man, „wie interessant der Dialog bei der Friedenskonferenz im Oktober werden kann“, so der Bürgermeister: „Weil man das Ganze natürlich auch ganz anders betrachten könnte: als die Vertreibung eines Diktators durch die USA und einen Beitrag zum Frieden.“ Bevor Gorbatschow zu einer großen Gegenrede ausschweifen kann, fallen gnädigerweise die Mikrofone aus. So muss man sich also jetzt bis Oktober gedulden, um zu erfahren, was der große, weise Friedensnobelpreisträger zu dem kleinen Bürgermeister in Norddeutschland zu sagen hat.

Um noch mehr Frieden zu schaffen, wird es im kommenden Jahr übrigens auch erstmals einen „Women‘s Award“ geben. Ob der auch in Hamburg vergeben werde, sei offen. Sicher, so Kindel, sei nur: „Der wird dann allein von Frauen organisiert.“