Staat sucht Akten

Staatsanwalt ermittelt gegen Ex-Mitarbeiter des Bildungsträgers „Arbeit und Leben“ in Detmold – vermutet werden dubiose Abrechnungstricks

„Wir hatten da überhaupt keinen Riecher dran“, sagt der regionale DGB: „Das ist keine Story wert!“

VON BERND SCHÄFER

Die Ermittlungen gegen den DGB-nahen Bildungsträger Arbeit und Leben Detmold (AuLDt) weiten sich aus. Durch fünf Hausdurchsuchungen in den Räumen ehemaliger MitarbeiterInnen der Bildungseinrichtung hofft die Detmolder Staatsanwaltschaft, mehr Einblick in die Abrechnungsmodalitäten des umstrittenen Bildungsträgers zu erhalten.

Die Bildungseinrichtung wird verdächtigt, DGB-Klausurtagungen als öffentliche Seminare abgerechnet zu haben. Öffentliche Mittel seien so in die Kassen des DGBs geflossen. Darüber hinaus sollen bei ‚AuLDt‘ Seminarteilnehmerlisten gefälscht worden sein, um Mittel nach dem Weiterbildungsgesetz zu erhalten.

Offenbar hatten sich auch Teile der Detmolder SPD an den Geschäften von „Arbeit und Leben“ beteiligt. Im Dezember 2003 trat der SPD-Bürgermeisterkandidat Rainer Brinkmann zurück. Er konnte nicht ausschließen, dass in seinem Verantwortungsbereich Ausflüge und Seminare der SPD als öffentliche Veranstaltungen deklariert und somit durch die Staatskasse subventioniert wurden.

Der DGB will von den Machenschaften bei AuLDt nichts gewusst haben. „Wir hatten da überhaupt keinen Riecher dran“, sagt Ralf Beltermann, kommissarischer Vorsitzende der DGB-Region: „Das ist keine Story wert,“ sagte er der taz.

Die nach den Vorwürfen fristlos Entlassenen sehen sich als Bauernopfer. Norbert K.-B., ehemaliger Mitarbeiter von ‚AuLDt‘, bestätigt ein umfassendes System, „von dem alle gewusst hätten“ und das auch in anderen AuL-Einrichtungen so praktiziert worden wäre.

Neben Unterlagen, die den Betrug und Subventionsbetrug belegen könnten, vermutete die Staatsanwaltschaft bei den drei Betroffenen – dem ehemaligen Geschäftsführer Jürgen R., dem vormaligen pädagogischen Mitarbeiter Norbert K.-B. und der früheren Buchhalterin Dagmar E. – eine Adressdatei von ‚AuLDt‘ sowie Abrechnungen des sogenannten Fux-Verlages.

Über diesen Verlag, an dem auch mehrere ‚AuLDt‘ Mitglieder beteiligt waren, hatte die Bildungseinrichtung für rund 70.000 Euro jährlich Seminarliteratur bezogen. Der Verdacht liegt nah, dass der Verlag nur ein Konstrukt war, um die Buchpreisbindung zu umgehen und illegale Gewinne des Bildungsträgers zu privatisieren.

In dem Beschluss für die Hausdurchsuchungen beruft sich das Amtsgericht Detmold auf einen DGB-internen Revisionsbericht und auf die Aussage der ehemaligen Vorsitzenden des Vereins, Birgit Meyer-Ehlert. Die Leiterin der VHS Detmold, die sich öffentlich nicht zu der Angelegenheit äußern will, war Anfang vergangenen Jahres wegen „dubioser Vergabemethoden“ selbst in die Kritik geraten. Die VHS hatte eine 13.000 Mark teure Studie an ein Institut vergeben, in dem auch ihr Mann Wiking Ehlert, Professor der Uni Osnabrück, tätig ist.

Nach Ansicht von Norbert K.-B. seien die Hausdurchsuchungen allesamt ergebnislos verlaufen. Ein großer Teil der Unterlagen würde „sowieso schon bei der Staatsanwaltschaft stehen“. Der Rest befände sich in den Räumlichkeiten von ‚AuLDt‘. Er sehe außerdem erwartungsvoll den Ergebnissen seiner Arbeitsgerichtsverhandlung am Mittwoch entgegen. In Sorge um eine juristisch einwandfreie Kündigung war ihm diese gleich dreimal ausgesprochen worden. Jeweils zu Unrecht, wie Norbert K.-B. meint.