silke burmester
: Der Traum ist aus

Wenn im Schlaf Manfred Bissinger Wolfgang Clement trifft – wird es höchste Zeit für ein Nachrichten-Betreuungsabo.

Betreuung für Nachrichtenkonsumenten, JETZT! Es ist eine lobenswerte Absicht, aus Gründen der Information, „Tagesschau“ zu gucken und Zeitung zu lesen. Doch während die SPD-Verantwortlichen ihre permanenten Niederlagen, das Debakel, das sie anrichten durch Alkohol und Realitätsverlust zu kompensieren wissen, kommt der News-Konsument an die Grenzen dessen, was die Psyche als Unfähigkeitstoleranz bereithält. Deshalb müssen die Penunzen der anstehenden Gebührenerhöhung sofort in ein Nachrichten-Sorgen-Telefon investiert werden, an dessen Hotline eine schnelle Eingreiftruppe von Medienpsychos sitzt. Neben diesem Notruf bedarf es eines Betreuungsabonnements für Menschen, die nach jeder „Tagesschau“ ein professionelles Gespräch brauchen. Menschen wie mich. Damit so etwas nie wieder passiert:

Letzte Nacht träumte ich, dass ich an einem Platz stand, auf dessen linker Seite sich ein schmuckloses 70er-Jahre-Einkaufszentrum befand. Auf dem Weg in dieses Relikt: Manfred Bissinger. Ehemaliger Senatssprecher des Hamburger Bürgermeisters Klose, Schröder-Freund und Exchefredakteur von Konkret, Merian und Die Woche. Jener am 18. 2. 1993 erstmals erschienenen SPD-nahen Wochenzeitung, die die Verantwortlichen so gern zwischen Spiegel und Zeit gedrängt hätten und der es zu aller Zeit an Platzhirschgebaren fehlte. Bissinger also, der sein Möglichstes getan hatte, den politischen Wechsel herbeizuschreiben und dessen Blatt auch nach dem Sieg der SPD nicht an konsumtiver Bedeutung gewinnen konnte, sodass es am 11. 3. 2002 eingestellt wurde. Auf Bissinger traf: Wolfgang Clement, 63-jährig, bekannt als Minister für Wirtschaft und Arbeit unter Schröder. Zuvor auch schon mal Ministerpräsident von NRW und Chefredakteur bei der Hamburger Morgenpost.

Zwei Genossen auf dem Weg in den 70er-Bunker. Clement mit einer großen, schwarzen, ledernen Zeichenmappe unter dem Arm. Darin: 30 Jahre alte Entwürfe. Der gute Mann hatte einst Grafiker gelernt. Und nun erging es ihm nicht anders als vielen anderen, denen diese Regierung nicht helfen kann: Er tat sich mit einem alten Weggefährten zusammen. Gemeinsam wollten sie einen Blick werfen auf die Zeichnungen von damals. Gucken, ob da was geht. Schließlich muss Clement noch mal ganz von vorn anfangen.

An dieser Stelle kam des Nachts der Sohn mit Nasenbluten. Schönstes Rot ronn ihm aus der Nase. Es blieb nur ein Gedanke: Der Traum ist aus.