Mittlere Reife gleichgemacht

Das Schulministerium plant zentrale Abschlussprüfungen nach der Klasse zehn. Den Gewerkschaften geht dieses Vorhaben nicht weit genug. Vergleichbarkeit werde nicht erreicht.

VON ELLEN REGLITZ

Gleiche Schulabschlüsse von verschiedenen Schulen sind in NRW oft nicht vergleichbar. Dieser Missstand soll sich in NRW bald ändern, aber nur ein bisschen. Schulministerin Ute Schäfer (SPD) plant, ab dem Schuljahr 2006/2007 eine zentrale Abschlussprüfung für alle Schüler der zehnten Klasse einzuführen. Ziel sei es nach Auskunft von Ministeriumssprecher Ralph Fleischhauer, die Ausbildung zu verbessern. Die Gewerkschaften werfen der Regierung Halbherzigkeit vor.

Schüler sollen die zentralen Prüfungen in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik ablegen, wie Fleischhauer sagt. Ob die Prüfungen letztendlich für alle Schulformen identisch aussehen werden, sei noch nicht geklärt. Das wäre notwendig, um eine Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse herzustellen, sagen die Gewerkschaften. Schließlich habe ein Schüler, der die „Mittlere Reife“ erworben hat, die gleiche Qualifikation, egal, ob er die Hauptschule oder das Gymnasium besucht hat. Also müssten auch die Anforderungen gleich sein. „Der Ansatz der zentralen Abschlussprüfung ist durchaus richtig, aber er wird halbherzig durchgeführt“, bemängelt Norbert Wichmann, bildungspolitischer Sprecher des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in NRW. Das Schulministerium würde mit seinen aktuellen Plänen auf halber Strecke stehen bleiben. „Eine Sau wird nicht schwerer, wenn man sie mehrmals wiegt, sondern wenn man sie gut füttert“, so Wichmann. Nötig sei eine gezielte Förderung der Schüler.

Den Förderungsbedarf sieht auch das Schulministerium. Im Herbst diesen Jahres werden deshalb erstmals Lernstandserhebungen zu Beginn der Klassen vier und neun durchgeführt. Durch die Tests soll ermittelt werden, auf welcher Kompetenzstufe, das heißt auf welchem Entwicklungsstand, sich ein Kind befindet. Nach Ansicht der CDU-Landtagsfraktion sind die Zeitpunkte der Erhebungen ungünstig gewählt. „So kurz vor dem Abschluss oder dem Schulwechsel kann ein Kind vorhandene Defizite nicht mehr ausgleichen“, so Bernhard Recker, schulpolitischer Sprecher der CDU im Landtag.

Laut Schulministerium sollen die Ergebnisse der Klasse neun in die Konzeption der zentralen Abschlussprüfungen für die zehnte Klasse mit einfließen. Zudem sollen sie LehrerInnen dabei helfen, schwache Kinder gezielt zu fördern. „Ob dazu zusätzliche Ressourcen benötigt werden, bleibt abzuwarten“, sagt Fleischhauer. Doch genau an diesem Punkt sieht Experte Wichmann Handlungsbedarf: „Was fehlt, ist die Antwort auf die Frage, wie wir am effektivsten fördern.“ Konkrete Pläne seitens des Schulministeriums dafür fehlen jedoch bisher.