der andere blick
: „Good Bye Lenin“ in Manhattan

Seit knapp einer Woche läuft der Film „Good Bye Lenin“ in New York. Die Amerikaner sind freundlich irritiert

Die ersten Vorstellungen – unsynchronisiert mit englischen Untertiteln – sind ausverkauft. Obwohl das Time Out Magazine geschrieben hat: „Entmutigend zahnlos für eine Satire über eine kuturelle Revolution“, und die Times anmerkte, dass es leider „kein Billy Wilder“ sei. Das Plakat zitiert gute Kritiken, wie etwa die des Time Magazine: „Ein romantisches Lustspiel, clever und süß ausgereift, es ist befreiend.“ Zu dem bekannten Bild mit Katrin Sass und Daniel Brühl gesellen sich Hinweise auf Auszeichnungen in Europa. Die abwertenden Urteile lassen sich damit erklären, dass die US-Amerikaner eine deutliche Abgrenzung zum Kommunismus gewohnt sind. „Ostalgie“ befremdet.

Das Publikum im Kino indes scheint vom Charme der Story und der Schauspieler entzückt – auch wenn den meisten unklar bleibt, wer in welche Richtung durch die Mauer geht. Je mehr Wendungen die Geschichte nimmt, desto mehr verflüchtigt sich ihre eigentliche Bedeutung in den Köpfen der amerikanischen Zuschauer, bis hin zur Gleichgültigkeit.

Die wenigsten Zuschauer kennen die geografischen Gegebenheiten des historischen Berlins. Auch erschließt sich ihnen der Rummel um die damalige Fußball-Weltmeisterschaft nicht, ebenso wenig wie sie die Bedingungen zum Tausch von Ost- gegen Westmark erfassen oder sich eine reduzierte Warenwelt der Spreewald-Gurken vorstellen können. Dennoch erliegt das amerikanische Publikum dem in Szene gesetzten Ostschick.

Das Kinopublikum lacht darüber, dass Coca-Cola eine ostdeutsche Entwicklung sein soll – und freut sich über die beeindruckende Macht der Illusionen und Manipulationen. Eine Macht, mit der man in den USA gut vertraut ist, verpackt in etwas, das die Amerikaner wirklich lieben, nämlich Gefühl – und das gibt es in „Good Bye Lenin!“ satt.

Mit besonderem Augenmerk auf die Tapeten und Gardinen meldet übrigens die „House & Home“-Rubrik der New York Times die Faxnummer zum Anmieten des nostalgischen Schlafzimmers der Christiane Kerner (Katrin Sass). Für Partys im coolen Ostberlin. SILKE MOHR