„Im Moment wollen alle junge Männer“

Von wegen Chancengleichheit bei der Beschäftigungssuche: Das Arbeitsamt versucht erwerbslosen Frauen den Weg in die Selbstständigkeit zu bahnen. Mehr als ein paar amtliche Informationen springen dabei aber nicht heraus

In einem hat Frau Meyer sicher Recht: „Frauen haben es heute besonders schwer auf dem Arbeitsmarkt.“ Das bestätigt eine Arbeit suchende IT-Managerin: „Im Moment wollen alle junge Männer“, ist ihre Erfahrung. Seit der Übernahme ihrer Firma durch einen Konkurrenten ist die 47-jährige Bereichsleiterin arbeitslos – und vom Arbeitsamt enttäuscht – „die schickten mir Angebote als PC-Sekretärin und Maschinenüberwachungskraft“. Also bewarb sie sich in Eigenregie. „Doch obwohl ich vom Profil her gut passte, wurden mir die Bewerbungen postwendend zurückgeschickt“, sagt sie und schüttelt den Kopf. Und vermutet, „dass Frauen aussortiert werden, in meinem Alter erst recht“.

Doch das war jüngst nicht das eigentliche Thema von Frau Meyer, der Beauftragten für Chancengleichheit am beim Arbeitsamt Süd, und auch nicht das Thema ihrer Kollegin Barbara Horstmann vom Arbeitsamt Südwest. Gemeinsam wollten sie in der vergangenen Woche „das neue Gesetz“ für den „Weg in die Selbstständigkeit“ vorstellen. Die „Neuregelung zum Existenzgründungszuschuss“ entpuppt sich als vier Monate alt – es ist die gute, alte Ich-AG. Sie ist, das verschweigen die Damen Beauftragten, vor allem geeignet, häusliche Schwarzarbeit zu legalisieren.

Alternativ dazu kann das „Überbrückungsgeld“ den Weg in die Selbstständigkeit ebnen. Allerdings gibt es auf seine Bewilligung, anders als auf die Zuschüsse zur Ich-AG, keinen Rechtsanspruch. Vielmehr können Anträge nach Ermessen abgelehnt werden, vor allem, wenn die „fachkundliche Stellungnahme“ eines Steuerberaters oder eines Fachverbandes dem Projekt nicht genug Chancen einräumt.

Für die Ich-AG ist keine Expertenmeinung nötig, dafür darf sie weder ausbilden noch andere Personen als Familienmitglieder beschäftigen. Wieso Schwager und Tochter an Mutters Kleinbetrieb mitverdienen dürfen, Fachkräfte jedoch nicht, müssen wir uns selbst erklären. Ob frau nun in die Ich-AG oder zur Überbrückung will: Voraussetzung ist ihre Berechtigung, als Arbeitslose Leistungen vom Arbeitsamt zu beziehen. Fürs Startkapital muss sie nach wie vor selbst sorgen, auch der Dschungel der Förderprogramme von Bund, Ländern und EU erwartet sie.

Immerhin, so behaupten Horstmann und Meyer, könnten sich Selbstständige für nur 167 Euro monatlich freiwillig kranken- und pflegeversichern. „Welche Kasse?“, fragt begierig eine, die so ein Angebot sucht, aber bei den gesetzlichen Kassen mindestens 210 Euro zahlen soll. Die Befragten müssen passen – und als es heißt, für 167 Euro gebe es nichts, steigert sich Horstmann in Amtlichkeiten. Den Nachweis bleibt sie schuldig. GISELA SONNENBURG